Rudolf Heyne

Glaubenssysteme

Der Einfluß der tierischen Vergangenheit des Menschen auf Religionen, Sekten und Ideologien und dem entsprechend auf die Glaubenshaltung von Marxisten

Veröffentlicht in Aufklärung & Kritik, Sonderheft 10/2005 "Was bleibt vom Marxismus?", S. 236-254

 

Der Weg zum Verständnis des Menschen führt genau ebenso über das Verständnis des Tieres, wie ohne allen Zweifel der Weg zur Entstehung des Menschen über das Tier geführt hat.

Konrad Lorenz

 

 

Die Markierung des eigenen Reviers ist im Tierreich weit verbreitet. Selbst die seit Jahrtausenden gezähmten Hunde und Katzen können es nicht lassen, in ihrem Revier neu auftauchende Gegenstände zu markieren.

Wird in einer katholischen Gegend ein neuer Supermarkt, eine neues Feuerwehrauto oder eine Kachelmann’sche Wetterstation eingeweiht, dann ist der für das Revier zuständige Priester da, der mit Wasser den neuen Gegenstand markiert.

Nach der Markierung empfinden die Gläubigen diese Neuzugänge nun nicht mehr als Fremdkörper. Dies trifft auch auf die christliche Taufe zu. Beispielsweise konnten Juden im Mittelalter dem tausendfachen Tod auf dem Scheiterhaufen, am Rad und am Galgen durch die Annahme des christlichen Glaubens, der Taufe, entgehen. Wer sich nicht taufen ließ war ein Fremdkörper, der nicht zur Gemeinschaft der Gläubigen gehörte und deshalb zeitweise vogelfrei war.

Kant konnte nicht ahnen, als er von der "selbst verschuldeten Unmündigkeit" sprach, dass die Gene im Menschen zu 98 % vom Tier abstammen. Die Unmündigkeit ist nicht "selbst verschuldet" sondern eine evolutionäre Fessel, an die all die Gläubigen, Überzeugten, Geprägten, die Indoktrinierten, gleich welcher Art, gebunden sind. Dass "die Realität nicht in den Glauben eindringen kann", wußte auch der Historiker Hans Mommsen zur Vorstellung des "Schwarzbuchs des Kommunismus" in Dresden.

Ausführlicher beschrieb Le Bon 1895 diese Fessel als "religiöses Gefühl": "Anbetung eines vermeintlichen höheren Wesens, Furcht vor der Gewalt, die ihm zugeschrieben wird, blinde Unterwerfung unter seine Befehle, Unfähigkeit, seine Glaubenslehren zu untersuchen, die Bestrebung, sie zu verbreiten, die Neigung, alle als Feinde zu betrachten, die sie nicht annehmen. Ob sich ein derartiges Gefühl auf einen unsichtbaren Gott, auf ein steinernes Idol, auf einen Helden oder auf eine politische Idee richtet – sobald es die angeführten Merkmale aufweist, ist es immer religiöser Art ... Mit dem religiösen Gefühl sind gewöhnlich Unduldsamkeit und Fanatismus verbunden. Sie sind unausbleiblich bei allen, die das Geheimnis des irdischen und himmlischen Glückes zu besitzen glauben. ... Der Sozialismus wird übrigens ein viel zu sehr drückendes Regime sein, als daß er von Dauer sein könnte."

Ähnlich wie die Evolution zur Sicherung der Fortpflanzung dafür sorgte, dass "Liebe blind macht", mußte sie sich auch zur Sicherung des Herdenprinzips etwas einfallen lassen, um das Herdentier blind zu machen für die Fehler des Leittieres. Man stelle sich das Gegenteil vor – eine Herde nach dem Kant’schen Prinzip "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen" – bedeutet über kurz oder lang das Ende der Herde.

So sorgte die Evolution für den großen Blockierschalter im Kopf des Herdentieres, der es mutlos macht, damit es sich willenlos dem Leittier unterordnet – dafür wird es mit einem beruhigendem und berauschenden Gefühl belohnt und der Gewißheit, dass das eigene Leittier das einzig wahre und richtige ist. Daraus wurde die folgenschwerste evolutionäre Fessel der Menschheit, indem der gläubige, überzeugte oder geprägte Mensch nicht die Fehler und Lügen seines Herrn erkennen kann und zum willigen Vollstre-cker des Willens seines Führers wird.

Um zu überleben, dürfen Tierarten ohne Leittiere keine Wahrnehmungsblockaden besitzen. Deshalb gibt es auch Menschen, die ohne Lichtgestalten leben können und all die Glaubenslehren als realitätsblind, borniert und als Unterdrückung empfinden.

Exakt wird auch nicht an Gott usw. geglaubt, sondern lediglich, dass das wahr ist, was Moses, Jesus, Mohammed und andere Erleuchtete über die Götter, was Marx über seine "Wissenschaft, sein historisches Gesetz" und was Hitler über seine "Vorsehung" sagte. Überlicherweise gehört die subjektive Wahrheit zum Glauben.

Ein Tier wird zum Leittier, zum Alpha-Tier, wenn es sich vom Testosteron gesteuert aggressiv gegen alle Nebenbuhler als das stärkste, größte, mächtigste und schönste seiner Art durchsetzen kann. Es haßt alle diejenigen, die ihm nicht in Demut begegnen. Das auf das Leittier geprägte willenlose Herdentier mußte fortan ängstlich auf die Gesten, Mimik und Zeichen des leicht reizbaren Leittieres achten, um nicht ungehorsam zu erscheinen und den Zorn des "Herrn" hervorzurufen.

Daraus entstand die Gottesfurcht des Menschen und sein Warten auf die Zeichen Gottes. Die Demutshaltung vom Kopfsenken bis zur Bodenberührung sind bei Tier und Mensch sehr ähnlich. Je aggressiver eine Religion ist, um so öfter verlangt sie das Beten und um so tiefer müssen die Demutsgesten reichen.

Beispielsweise heißt es im Koran Sure 9 Vers 29: "Bekämpft diejenigen Schriftbesitzer (Juden und Christen), die nicht an Allah und den Jüngsten Tag glauben ...bis sie ihren Tribut in Demut entrichten."

Das arabische Wort "islam" wird in "willenlose Ergebung" übersetzt (laut Oswald Spengler).

Die Sure, die in Medina offenbart worden ist, spiegelt die Enttäuschung Mohammeds wider angesichts der Weigerung der dort ansässigen Juden, zum Islam überzutreten. Die persönlichen Empfindungen des Religionsstifters werden zum Willen Gottes.

Das erste Gebot der Christen: "Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst nicht andere Götter haben neben mir." ist auch das oberste Gebot der unzähligen Leittiere und aller Diktatoren und kein göttliches. Ebenso die anschließende Forderung: "Wir sollen Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen."

So wurde aus dem mächtigen Leittier der allmächtige Gott und aus dem Willen des Leittieres wurde der Willen Gottes. Da aber jeder ungestraft behaupten kann, er kenne den Willen Gottes, fällt es Gläubigen nicht schwer, andere Menschen mit gutem Gewissen wegen Ketzerei, der Häresie umzubringen. Dies trifft ebenso auf den marxistischen und nationalsozialistischen "Gottesstaat" zu. Deshalb ist die Geschichte der Religionen und der Ideologien eine so blutige. Es gab Zeiten, da verloren Ärzte ihre Approbation, wenn sie es wagten, einen Kranken zu behandeln, bevor dieser einem Priester beichtete, dass seine Krankheit die gerechte Strafe Gottes ist.

Die Ausweisung von Regimekritikern in der DDR ist vergleichbar mit der Ausweisung von 427 Protestanten im Sommer 1837 aus dem katholischen Zillertal. Der Großteil von ihnen fand in Preußisch-Schlesien eine neue Heimat. Die Marxisten in der DDR sind ebenso orthodox gewesen wie es die Katholiken weit früher einmal waren.

Im Unterbewußtsein des gläubigen Menschen ist noch gespeichert, dass Leittiere Ungehorsam bestrafen. Deshalb mußte das Jüngste Gericht, der Jüngste Tag, der Himmel für die Guten und die Hölle für die Schlechten erfunden werden.

Ebenso ist noch gespeichert, dass Leittiere oft die besten Futterbrocken für sich beanspruchten. Weit verbreitet war es deshalb einst und ist es teilweise heute noch, den Göttern Nahrung zu opfern usw.

Die von E. Topitsch beschriebenen "Heilserwartungen" sind einmal die Gewißheit des Herdentieres, dass das eigene Leittier die drängenden Probleme bald löst, zum anderen ist es die Gewißheit des sich hormonbedingt zum neuen Leittieres berufen fühlenden Umstürzlers, dass nur durch einen revolutionären Kampf gegen die alte Herrschaft das Heil erreichbar ist. Er schreibt: "Diesseitige Heilserwartungen sind sehr oft Naherwartungen: Der Mensch will Errettung aus unmittelbarer Bedrängnis, er will auf jeden Fall die Erfüllung seiner leidenschaftlichen Sehnsüchte noch selbst erleben und sich nicht auf eine unbestimmte Zukunft vertrösten lassen. Das gilt für einen beträchtlichen Teil der jüdischen Prophetie, für die eschatologischen Vorstellungen des Urchristentums und die meisten Formen des Chiliasmus, aber auch noch für Karl Marx. So glaubte der junge Feuerkopf aus Trier, sein Heilswerk als erleuchteter Theoretiker und siegreicher diktatorischer Führer der proletarischen Revolution noch selbst vollbringen zu können."

Ein klassisches Beispiel für "Heilserwartungen" bietet auch Ernst Bloch. Er war der Meinung, "dass die Welt zu ihrer Umgestaltung erst durch eine Katastrophe hindurch müsse, durch ein apokalyptisches Fegefeuer, das die Verworfenen austilgen und den Guten die Erlösung bringen werde", schreibt Jaochim Fest. Bloch selbst: "und die Menschen denen ich gesandt bin, werden in sich den heimkehrenden Gott erleben und verstehen", und weiter: "Wer mich ablehnt, der ist gerichtet vor der Geschichte".

Wie bereits beschrieben, muss ein Tier, um Leittier zu werden, sich massenwirksam als größtes und stärkstes darstellen können. Der Mensch, der als Herrscher in die "Massenseele" eindringen will, muß deshalb mit irgend einem Nimbus aufwarten können. E. Drewermann schreibt: "Die Pharaomutter konnte so viele Kinder geboren haben und gebären, wie sie wollte, sie wurde zur "Jungfrau" am Tage, da ihr Sohn Platz nahm auf dem Thron der beiden Länder von Ober- und Unterägypten; denn von diesem Tage an trat er in die Rolle der (auf Erden) lebenden Sonne ein, von da an war er nicht länger mehr ein Kind seines Vaters, sondern ein Kind des Lichtes."

Auch Maria dichtete man die jungfräuliche Geburt beim Jesus an, mit dem Unterschied, dass die Christen wortgläubiger sind als die Ägypter. Sehr verbreitet ist auch die Methode, sich als einen unfehlbar "Erleuchteten" darzustellen, der die Weisheit von Gott erhielt. Hitler erfand dafür zeitgemäßer die "Vorsehung".

Bei Karl Marx ist alles das wiederzufinden – vom Leittier bis zum "Erleuchteten" – was Religionsstifter aufweisen. Ernst Topitsch erkannte bereits im "jungen Marx ein messianisches Sendungsbewußtsein und einen cäsarische Machtwillen". Der Altkommunist Moses Hess klagt über ihn: "Schade, jammerschade, dass das Selbstgefühl dieses genialsten Mannes unserer Bewegung sich nicht mit der Anerkennung begnügt, die ihm gezollt wird, sondern eine persönliche Unterwerfung zu fordern scheint." Wer sich für einen "Erleuchteten" hält, der schwört auch auf seine Unfehlbarkeit – wie es Marx am 25.08.1851 gegenüber Engels tat. Er pries den Kommunistenstolz der Unfehlbarkeit als hohe Tugend.

Wer davon getrieben wird, sich als den Allergrößten darstellen zu müssen, der haßt alles, was die Einordnung und Unterwerfung fordert – auch das Geld. Als Paradebeispiel dafür eignet sich auch Dr. Joseph Goebbels, der schon in jungen Jahren Theaterstücke verfasste und Redner oder Schriftsteller werden wollte und nach eigenem Bekunden für Physik und Mathematik keine Begabung hatte. Ralf Georg Reuth schreibt über ihn: "Das Geld, an dem es ihm seit jeher mangelte, hatte er in besonderem Maße hassen gelernt; von ihm, meinte er, komme alles >Übel der Welt. Es ist, als wäre der Mammon die Verlebendigung des Bösen im Prinzip der Welt. Ich hasse das Geld aus dem tiefsten Grunde meiner Seele<".

Frühzeitig mit der Pubertät begann bei Marx das Schulden machen. Sein Vater machte ihm, dem Studenten, Vorhaltungen, dass er im Jahr fast 700 Taler verbraucht "während die Reichsten keine 500 ausgeben. Im selben Jahr schrieb der acht Jahre ältere Freiligrath, dass er mit 180 bis 200 Talern jährlich ganz famos auszukommen gedenke".

Mit der Frage des Vaters: "Aber wie kann ein Mann, der alle 8 oder 14 Tage neue Systeme erfinden und die alten mühsam erwirkten Arbeiten zerreißen muß, wie kann der, frage ich, sich mit Kleinigkeiten abgeben?", wird das Marx’sche Streben deutlich. Es geht ihm weder um soziale Nöte noch um Humanismus, sondern nur darum, sich als den Allergrößten, den Erleuchteten darzustellen. Dabei spielt Geld keine Rolle. So war er ständig auf der Suche, ob irgendwo etwas zu holen ist. Deshalb heiratete er Jenny von Westphalen, die reiche Eltern besaß, obwohl er sich schon vorher negativ über die Ehe ausgelassen hatte. Da Marx mit Geld nicht umgehen konnte, reichte das Geld von Engels oft nicht. Auch Lassalle pumpt Marx wieder und wieder Geld. Doch in Briefen an Engels bezahlte Marx die Großzügigkeit mit Hohn und Spott: "Dieser Kerl würde eher das Geld in den Dreck werfen, als es einem Freunde zu pumpen." Er spricht, wenn er Lassalle meint, vom "Jüdel Braun" oder "Itzig Gescheit".

Marx kennt keine innerliche Dankbarkeit gegenüber seinen Geldgebern. Damit verhält er sich wie einige Leittiere von Beutetieren. Erst wenn sich das Leittier satt gefressen hat, dürfen die anderen den Rest fressen.

Es gibt noch einen weiteren Grund, um von der Substanz zu leben. Während der Balzzeit, wenn sie sich als die Allergrößten darstellen müssen, um die eigenen Gene erfolgreich weiterzugeben, nehmen männliche Tiere bis zu 25% vom Körpergewicht ab. Sie haben dabei keine Zeit, sich mit der Kleinigkeit der mühseligen Futtersuche abzugeben. Thomas Mann beschrieb "Bruder Hitler": "Muß man nicht, ob man will oder nicht, in dem Phänomen eine Erscheinungsform des Künstlertums wiedererkennen? Es ist, auf eine gewisse beschämende Weise, alles da: die "Schwierigkeit", Faulheit und klägliche Undefinierbarkeit der Frühe, das Nichtunterzubringensein, das Was-willst-du-nun-eigentlich?, das halb blöde Hinvegetieren in tiefster sozialer und seelischer Bohème, das im Grunde hochmütige, im Grunde sich für zu gut haltende Abweisen jeder vernünftigen und ehrenwerten Tätigkeit – auf Grund wovon? Auf Grund einer dumpfen Ahnung, vorbehalten zu sein für etwas ganz Unbestimmbares, bei dessen Nennung, wenn es zu nennen wäre, die Menschen in Gelächter ausbrechen würden. Dazu das schlechte Gewissen, das Schuldgefühl, die Wut auf die Welt, der revolutionäre Instinkt, die unterbewußte Ansammlung explosiver Kompensationswünsche, das zäh arbeitende Bewußtsein, sich zu rechtfertigen, zu beweisen ... Es ist eine reichlich peinliche Verwandtschaft." Diese "dumpfe Ahnung", die wohl auch als "inneres Licht" gelten kann, ist der Trieb, das Sendungsbewußtsein, die eigenen Gedanken, Ansichten, Weisheiten, Stärke, Selbstgefühl, die eigene Art, die eigenen Gene vermehren zu müssen – der Egoismus der Gene. Die Art des Leittieres, sich als etwas Besonderes zu fühlen, wurde von der Herde übernommen und lebt heute noch im Außerwähltheitsanspruches der Religionen, Sekten, Ideologien, Stämme, Völker, Rassen oder Klassen weiter. Die Herde wird nicht nur vom Glauben an die Autorität, sondern auch durch die unter Affen übliche soziale Fellpflege zusammengehalten. Mit dem Verlust des Haarkleides in unserer Evolution hat Homo sapiens, der "nackte Affe" sich von der die Sympathie fördernden Fellpflege lösen müssen und als Ersatz die Redekunst erfunden. Es folgten die Dichter, die Märchen, Helden und Götter schufen und die später oft der linken Illusion verfielen.

Das Tier besitzt gegenüber dem Menschen einen großen Vorteil, da nach der Balz- und Brunftzeit die "Vernunft" zurückkehrt. Der Haß auf die Artgenossen verschwindet, es ist sich nicht mehr zu schade "vernünftige und ehrenwerte Tätigkeiten" abzulehnen – die mühselige Futtersuche wird zur Hauptbeschäftigung.

Es gibt Menschen bei denen die "Balz- und Brunftzeit" lebenslang anhält, die sich immer als die "Allergrößten" darstellen müssen, die sich zu gut halten, um etwa zur Beerdigung von Vater oder Mutter zu erscheinen. Wenn den Alleindarstellern das jubelnde oder ehrfurchtsvolle Publikum fehlt, dann suchen sie oft in Drogen Zuflucht oder leiden unter Depressionen.

Unübertroffen in seinem Haß war Karl Marx. Wen hasste der Mann eigentlich nicht: seinen Vater, die Juden, die Slawen, das "Fabrikgesindel", die "Hunde von Demokraten und liberalen Lumpen", die "Hunde von Parlamentskretins", "all das Gesindel aus Berlin, Mark oder Pommern". Weiteres hierzu in dem Buch von Konrad Löw, "Marx & Engels – die Väter des Terrors".

An der Marx’schen Lieblingsvokabel für die Mitmenschen: "Menschendreck" und Menschenkehrricht" ist sein Antihumanismus sichtbar. Er gehört bei ihm zur Methode, sich als den Allergrößten darzustellen – indem man die anderen erniedrigt und sie für minderwertig hält. Es ist der Haß des hormongesteuerten Leittieres auf alle diejenigen, die ihm die Demut verweigern.

Deshalb ist dieser Haß auch bei Hitler zu finden. Sein Freund in der Wiener Zeit, Kubizek, verzeichnete "die plötzlichen Wut- und Verzweiflungsanfälle, die Vielzahl und Intensität der hitlerschen Aggressionen sowie das offenbar unbegrenzte Vermögen, zu hassen". Natürlich gehört auch Richard Wagner mit seiner Schuldenmacherei und seinem Judenhass dazu. Hitler sah in Wagner "die größte Prophetengestalt, die das deutsche Volk besessen" habe.

Tiere schließen sich in Herden zusammen, wenn sie sich bedroht fühlen. Dies können Freßfeinde, aber auch Artgenossen mit einem fremden Leittier sein. Wer als Religionsstifter erfolgreich sein will, muss seinen Anhängern eine Bedrohung einreden können. Die alten Religionsstifter erfanden das Böse, den Teufel, den Ketzer usw. Da sich z. B. viele Juden nicht der neuen Lehre von Jesus unterwarfen und sich an dessen Kreuzigung beteiligten, wurde der Antisemitismus zeitweise zum Bestandteil der christlichen Dogmatik.

Marx, der schon immer mit dem Geld auf Kriegsfuß stand, erfand den Ausbeuter, den Kapitalisten, den Unternehmer, der die armen Proletarier aussaugt. Der Proletarier wurde von ihm angesprochen, nicht etwa weil er Symphatie hegte, sonder er stellte die größte Masse weltweit dar. Nur als massenwirksamer Messias konnte er das Ziel "Ich will mich an dem Einen rächen, der dort oben herrscht." erreichen, das er in jungen Jahren in dem Drama "Oulanem" sich stellte. Und wie seine jüdischen und der arabische Religionsstifter vor ihm, wollte er die Weltherrschaft erringen.

Als sich um die Wende herum die Marxsche Bedrohung des Proletariates durch die Ausbeuterklasse als Ente herausstellte, waren die überzeugten Marxisten gezwungen sich eine neue Bedrohung einfallen zu lassen. Bereits am 19.12.1989, als Bundeskanzler Helmut Kohl auf dem Dresdner Flughafen ankam, standen Schüler mit Plakaten am Straßenrand die "kein viertes Reich" forderten. Wenige Tage danach wurde das Treptower Ehrenmal mit Naziparolen beschmiert – von den Linken, wie aus dem verwendeten Wortschatz hervorging. Marxisten streben auch weiterhin nach Deutungsmacht und Meinungsführerschaft. Deshalb reden sie dauernd von der faschistischen Gefahr, obwohl die Rechten oft weniger haßerfüllt und aggressiv auftreten als die Linken. Sie benötigen die Rechten, um ihre Existenzberechtigung nachzuweisen.

Hitler fiel es leicht, eine Bedrohung für die Deutschen zu finden. Da gab es den Versailler Vertrag, der von vielen Deutschen als ungerecht empfunden wurde und die Erinnerung an die Nachkriegsmonate nach 1918. In Berlin war man sowjetischen Agenten auf die Spur gekommen, in München war eine Räterepublik ausgerufen worden, in Sachsen, Thüringen und anderswo hatten von Sowjetrußland her inspirierte und undurchsichtig gelenkte Aufruhraktionen tiefsitzende und lange vorhaltende Schrecken verbreitet.

Die reale Bolschewistische Bedrohung besitzt eine theoretische Grundlage. So heißt es im Manifest der Kommunistischen Partei: "Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, dass ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnungen."

Hitler ist nicht verborgen geblieben, dass die Bolschewiken in den ersten Monaten und Jahren nach dem Oktober mit der größten Bereitschaft Juden in ihren Staats- und Parteiapparat einsetzten, die später ihre Macht ohne Skrupel und ohne Scheu vor Kontrolle ausnutzten. Dies bestätigte kürzlich auch Solschenizyn. Hatte es ihnen ihr Gott Jahwe nicht vorgemacht, der als launischer Despot geschildert wird, der willkürlich Menschen als seine Instrumente nutzt, ja mit grausigen Spiel das Leben von unschuldigen Tieren und Menschen opfert, um sich selbst vor aller Welt als der Herr zu präsentieren"? Weiteres hierzu bei Joachim Kahl: "Das Elend des Christentums".

Als Lenin in der Emigration gefragt wurde, was nach einem Sieg mit den Beamten des alten Regimes geschehen solle, antwortete er: "Wir werden den Mann fragen: Wie stellst du dich zur Revolution? Bist du dafür oder bist du dagegen? Wenn er dagegen ist, werden wir ihn an die Wand stellen."

Hier ist wieder das gleiche religiöse Gefühl vorhanden, das auch Christen im Mittelalter veranlaßte, Juden, die sich nicht taufen ließen, mit guten Gewissen umzubringen und die Religionskriege der Christen untereinander, die sich gegenseitig Ketzerei und Häresie vorwarfen, wurden mit dem gleichen Haß des Leittieres auf alle Demutsverweigerer geführt. Sie alle waren bemüht, ihren "Gottesstaat" durchzusetzen, so wie Lenin auch.

Heinrich August Winler, Professor für neueste Geschichte in Berlin schreibt im Spiegel H. 35/99: "Der wichtigste Verbündete Hitlers war nicht, wie es die marxistische Legende will, das >Monopolkapital<, sondern die Angst vor dem Bürgerkrieg. Und die wurde von den deutschen Kommunisten geschürt, seit es die KPD gab. Bei der zweiten Reichstagswahl des Jahres 1932, am 6. November, verloren die Nationalsozialisten über 2 Millionen Stimmen und 34 ihrer 230 Reichstagsmandate, während die Kommunisten über 650 000 Stimmen hinzu gewannen und 100 statt bisher 89 Abgeordnete stellten. Alle Welt hielt Hitler für geschlagen, doch das war voreilig: Das Zusammentreffen von eigener Niederlage und kommunistischem Erfolg erwies sich zuletzt als günstig für ihn. Die Sorge, bei abermaligen Wahlen im Winter 1932/33, auf dem Höhepunkt der Arbeitslosigkeit, könne die KPD noch stärker werden und dann die Rote Revolution auslösen, versetzte Sozialdemokraten und Konservative, Unternehmer und Großgrundbesitzer in Panik."

Nach Baschanow: "Ich war Stalins Sekretär" (Ullstein Verlag) dachte Lenin über die Ergebnisse des Marxismus nach und antwortete: "Natürlich sind wir gescheitert. Wir dachten, eine neue kommunistische Gesellschaft auf des Rechtes Geheiß wie im Märchen zu verwirklichen. Indes ist das eine Frage von Jahrzehnten und Generationen. Damit die Partei nicht die Seele verliert, den Glauben und den Willen zum Kampf, müssen wir vor ihr die Rückkehr zur Währungswirtschaft, zum Kapitalismus als vorübergehenden Rückzug darstellen. Doch für uns müssen wir klar sehen, dass der Versuch nicht gelungen ist, die Psychologie der Menschen und die Gewohnheiten ihres jahrhundertelangen Lebens so plötzlich zu ändern. Man kann versuchen, die Bevölkerung zu neuen Ordnungen zu zwingen, aber die Frage ist noch, ob wir in diesem allrussischen Massaker die Macht behalten würden."

Damit erkannte Lenin schon, dass das Marx’sche Märchen sich ausgezeichnet eignet, die Emotionen, das Sendungsbewußtsein und den Kampfeswillen der Massen zu aktivieren, als Wirtschaftslehre aber vollkommen ungeeignet ist. Auch Hitler betonte verschiedentlich, dass Zwang und Gewalt als Herrschaftsgrundlage unzureichend seien und einzig die "Weltanschauung" als verläßliche Basis der Gesellschaft dienen könne. Der deutsche Arbeiter werde vor allem deshalb der tragende Teil der Volksgemeinschaft sein, weil er "empfänglich ist für dieses Gefühl des Glaubens und Vertrauens, das nicht bei jedem Ding meint, die Sonde des Geistes anlegen zu müssen, sondern sich einer Idee blindäugig verschreibt".

In seinem Buch "In eigenem Auftrag" betreibt Markus Wolf eine Art Ursachenforschung, warum sein Glaube, das Wort Sozialismus mit dem Wort Demokratie verbinden zu können, gescheitert war. Er spricht deshalb im späten Frühjahr 1990 in Radeberg mit einem Direktor, den er noch aus dessen Sömmerdaer Zeit kennt. Er schreibt dazu am Schluß (Seite 203): "Im Betriebsrat, mit dem er nach unserem Gespräch zusammenkommt, sind Menschen, die das Werk erhalten wollen, sich nicht persönlich für vergangenes Unrecht rächen wollen, solche gibt es allerdings auch. Da sind Leute mit vernünftigen Ideen. Man fragt sich, warum hat man diesen Mann früher in seiner Nische gelassen? Es fiel gar nicht auf, dass er sich heraushielt. Der behauptet jetzt: Ich habe es euch immer gesagt, ihr habt ja nur nicht hingehört.

So ist auch er wie ich zu dem Schluß gekommen, zu sehr in den engen eigenen Kreisen gelebt zu haben. Wir meinten, die Menschen zu kennen, in ihrem Sinn zu handeln. Wir hatten aber wohl verlernt, sie richtig zu verstehen. Haben wir es immer versucht? Heute sehen wir, die Menschen waren zum großen Teil gar nicht bei uns.

Das ist der größte, der historische Fehler unserer vergangenen Gesellschaft".

Damit kommt M. Wolf auf den Kernpunkt: Wir haben nicht hingehört! Wer von der Unfehlbarkeit seiner Glaubenslehre überzeugt ist, konnte noch nie hinhören! Auch E. Honecker hielt sich für einen unfehlbaren Politiker. Dies zeigt auch seine Äußerung: "Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf". Viele wußten, dass es sinnlos ist, mit einem Überzeugten ein vernünftiges Gespräch führen zu wollen; denn "die Realität kann nicht in den Glauben eindringen" oder wie Konrad Lorenz sagt: "nur wenn der Mensch zweifelt, ist er lernfähig". Markus Wolf und viele andere besonders im Westen zweifeln nicht an der Lehre, sondern nur an denen, welche die unfehlbare Lehre nicht richtig umsetzten. Damit gleicht er den Christen usw., die ebenfalls behaupten, dass das Unheil, welches die eigene Glaubenslehre schon angerichtet hat, nicht von den echten Gläubigen angerichtet wurde.

Wenn die Christen heutzutage von christlichen Werten reden, dann sind sie unfähig, an die Millionen Andersgläubigen zu denken, die von gläubigen Christen mit guten Gewissen umgebracht wurden.

M. Wolf hält es am Ende des Buches mit Ernst Bloch: "der ein entschiedener Gegner des Stalinismus war und in den fünfziger Jahren unser Land verlassen mußte". Joachim Fest schreibt über Ernst Bloch: "Stalin feierte er, als man es längst besser wissen konnte, in Hymnen und deutete, gleichsam den kategorischen Revolver in der Hand, die Moskauer Prozesse als Schrittmacher in eine schönere Zukunft". Als er nach dem Krieg eine Professur in Leipzig übernahm, wünschte er sich "etwas mehr Zensur" den "mannigfach noch vorhandenen Schwätzern gegenüber". J. Fest meint: "dass Ernst Bloch, weit eher als Thomas Mann, Anlaß gehabt hätte, eine selbstkritische Betrachtung unter dem Titel >Bruder Hitler< zu schreiben".

Auch die Gläubigen Christen konnten nicht hinhören! Wurde doch Giordano Bruno auf dem Scheiterhaufen verbrannt, weil er den glaubensstarken und selbstherrlichen Lehrern widersprach, dass die Erde der Mittelpunkt der Welt ist. Sie empfanden dies als unverschämte Kränkung, als Demütigung. Als Darwin seine Lehre veröffentlichte, besaßen die glaubensstarken und selbstherrlichen Lehrer nicht mehr die Macht, diese zweite Kränkung mit dem Scheiterhaufen zu bestrafen. Sie bestraften ihn mit bösartigen und wütenden Attacken. Nach der Auffassung von Sigmund Freud ist seine Feststellung: "dass das Ich nicht Herr sei in seinem eigenen Haus" die dritte Kränkung. Treffender erscheint mir seine Feststellung: "dass jeder von uns sich in irgendeinem Punkt ähnlich wie ein Paranoiker benimmt, eine ihm unleidliche Seite der Welt durch ein Wunschbild korrigiert und diesen Wahn in die Realität einträgt. Eine besondere Bedeutung beansprucht der Fall, wenn eine größere Anzahl von Menschen gemeinsam den Versuch unternimmt, sich Glücksversicherung und Leidensschutz durch wahnhafte Umbildung der Wirklichkeit zu schaffen. Als solchen Massenwahn müssen wir auch die Religionen der Menschheit kennzeichnen. Den Wahn erkennt natürlich niemals, wer ihn selbst noch teilt".

Die Herde erwartet auch den Leidensschutz und eine glückliche Zukunft vom Leittier.

Am sichersten trifft dies auf Marx und die Marxisten zu. Die Idee, das Geld abzuschaffen, scheint dem unter Alkoholeinfluß stehenden Studenten Marx gekommen zu sein, der danach "eine Karzerstrafe wegen Trunkenheit und ruhestörenden Lärms erhielt". Er wurde auch "mehrmals wegen Schulden verklagt", wie es im Berliner Abschlußzeugnis steht.

Als typisches Beispiel einer Wahrnehmungsblockade eignet sich Dr. Michael Schmidt-Salomon (u.a. Buchautor und Verfasser zahlreicher religions- und philosophiekritischer Artikel), der im Heft 2/1999 von "Aufklärung und Kritik" ein "Plädoyer für einen zu Unrecht angeklagten Philosophen" hielt. Es wäre natürlich möglich, alle seine Ansichten zu widerlegen, denn sie sind im Stil der Verklärung des Idols der jüdisch-christlichen Legenden geschrieben, in der die Realität nicht in den Glauben eindringen kann. Der Überzeugte ist weder lernwillig noch lernfähig, und da gibt es keine Ausnahmen zwischen Christen, Muslimen und Marxisten, weder bei denen aus Osten noch bei denen aus dem Westen – den Besserwessis. Seiner Behauptung, dass die millionenfachen Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft nicht Marx anzulasten sind, steht die Tatsache gegenüber, dass alle kommunistischen Staaten, getreu dem Marx’schen Wesen, seinem Charakter, die "persönliche Unterwerfung" forderten und seinen Haß auf alle diejenigen, die sich ihm nicht unterwarfen, übernahmen.

Wer Lebenserfahrung besitzt, beurteilt doch einen Menschen nicht nach seinen schönen Reden, sondern nach seinem Charakter – sonst müßte man doch auf jeden Betrüger reinfallen.

Weiter behauptet S. Salomon, dass Marx ein Wissenschaftler war. Tatsache ist aber: "so, wie Marx sich selbst gab, durfte er nicht sein. Marx, der Entdecker unfehlbarer, mit absoluter Sicherheit wirkender objektiver Gesetze mußte selbst, um eine Quelle der Sicherheit sein zu können, von Subjektivität frei sein. Nun aber zeigte der Briefwechsel mit Engels, dass er ein Mensch von exzessivster Subjektivität war, " aus W. Blumenberg: Marx.

Karl Popper fügte seinem Werk: "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" im Anhang: "Eine Bemerkung zu Schwarzschilds Buch über Marx (1964)" zu. Diese endet: "so muss doch zugestanden werden, daß Schwarzschilds Beweismaterial niederschmetternd ist".

Weiter behauptet S. Salomon im Heft 1/2003 von A & K: "denn der momentane Boom fundamentalistischer Strömungen innerhalb des Islam gründet auf klar benennbaren außerreligiösen, sozialen, ökonomischen wie politischen Ursachen, nämlich 1. einer über weite Strecken ungerechten Weltwirtschaftsordnung, in der die Armen ärmer und die Reichen reicher werden, ... "

Im folgenden Abschnitt soll diese Behauptung widerlegt werden.


Der Unterschied zwischen Autoritätsgläubigkeit und sachlichem Denken.

Man hat die Maschine als teuflich empfunden und mit Recht. Sie bedeutet in den Augen eines Gläubigen die Absetzung Gottes. Oswald Spengler

Dies ist richtig, denn die Götter entstehen durch Glauben aber nicht die Maschine. Die Maschine entsteht durch sachliche Denkarbeit und die ist dem Glauben abträglich. Dichter können Götter und religiöse Legenden erdichten, aber keine Maschine. Glauben ist das pedantische Nachbeten angeblich prophetischer Weisheit. Das Gegenstück hierzu ist der Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen. Er ist die Grundlage der Aufklärung und die der industriellen Entwicklung, also letztlich der Maschine.

In einem Seminar der Thomas-Dehler-Stiftung über David Hume wurde nachgewiesen, dass der schmale schottische Industriegürtel auch die Heimat der Aufklärer war. Die Frage, warum das so ist, konnte der Referent nicht beantworten. Da Sachsen einst der industrielle Mittelpunkt Deutschlands war und Nietzsche schrieb: "dass die gefährlichste Gegend in Deutschland Sachsen ist, wo es mehr geistige Rührigkeit und Freigeister gebe als sonst irgendwo auf der Welt", ist der Zusammenhang deutlich. Das heißt auch, dass religiöser Glaube, auch der religiöse Marxismus, zur wirtschaftlichen und geistigen Stagnation führt, wenn er die Alleinherrschaft, die Allmacht eines Leittieres beansprucht. Das Herdentier ist aber gegenüber dem Menschen im Vorteil. Die Leittiere wechseln, alte Dogmen können durch neue, die vielleicht den veränderten Umweltbedingungen besser angepaßt sind, ersetzt werden. Mit der Erfindung der Schrift handelte sich der Mensch einen wesentlichen Nachteil ein – falsche Vorstellungen können sich über Jahrhunderte und Jahrtausende halten und Unheil bei den pedantischen Nachbetern anrichten. Im Gegensatz steht das Wesen der Wissenschaft, die offen für neue Fragen und Antworten sein soll.

In einem Gespräch mit einem Berliner Pfarrer bestritt dieser, dass zum Konstruieren einer Maschine Denkarbeit notwendig ist. Seine Meinung war "es wird doch so lange probiert, bis es geht".

Gerhard Schweizer schreibt: "Im frühen und hohen Mittelalter war die islamische Gesellschaft des Orients der des christlichen Europas weit überlegen – weil zeitweise eine Trennung eine Emanzipation der Naturwissenschaften von der Religion erfolgt war. Im 13. und 14. Jahrhundert gab es dann im Islam wie bei uns in Europa einen Kampf zwischen Klerus und säkularer Gesellschaft. Im Islam hat der Klerus gesiegt, die Aufklärung wurde abgewürgt – mit den bekannten Folgen".

Auch der Arabist Bernard Lewis sieht es so, wenn er schreibt, "dass der Orient der dem Europa der Antike und des Mittelalters krass überlegen war, in der Neuzeit an seinem Niedergang leidet, an dem Komplex, von seinem westlichen Rivalen gedemütigt worden zu sein".

Da jeder Gläubige, wie beschrieben, unfähig ist, die eigene Glaubenslehre kritisch zu beurteilen, macht der Islam den Westen für seinen Niedergang verantwortlich. Aus der Überzeugung der Muslime, den einzig wahren und richtigen Glauben zu besitzen, kann doch der Wohlstand des Westens, der im weitesten Sinn auf der Maschine beruht, nur ein Werk des Teufels sein. Die fanatische Teufelsaustreibung gehört auch heute noch zur Pilgerreise gläubiger Muslime.

Natürlich gilt hier: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben". Die Angst vor dem Zuspätkommen auf den Markt ist auch der Motor der industriellen Entwicklung, der Medizin und der Naturwissenschaften.

Der gläubige Moslem kennt gewöhnlich nur die Angst vor der göttlichen Strafe, wenn er die uralten religiösen Vorschriften nicht pedantisch genau befolgt.

Allein die 44jährige Herrschaft des marxistisch religiösen Gefühls in der SBZ und DDR richtete einen Schaden an, der mit 1.250 Milliarden Euro bis heute immer noch nicht behoben werden konnte.

Einige sahen dies schon in der Wendezeit voraus. Nach dem Besuch von M. Wolf in Radeberg erschien im gleichen Gebäude im Zimmer des Betriebsratsvorsitzenden der erste West-Gewerkschafter mit den Worten: "Hier sitzen die Kälber die ihren Metzger selbst wählen". Worauf ich antwortete: "Die SPD hat doch kein Geld". Er: "Das wissen wir auch, deshalb müßt ihr die Steuererhöhung fordern. Mit Biedenkopf habt ihr noch den Vernünftigsten bekommen". Ich: "Da sind wir uns wieder einig".

Die Ursachen für diesen enormen Geldbedarf sind auch hier im Glauben zu suchen. Friedrich Engels hatte doch auch schon 1847 den "Entwurf des Kommunistischen Glaubensbekenntnisses" herausgegeben. Da der Marxismus ein religiöses Gefühl ist, das üblicherweise die totale Herrschaft anstrebt, mußten die Posten im sozialistischen Staat, einschließlich der staatlichen Industrie, möglichst von linientreuen Genossen besetzt werden.

So wie das Leittier noch keine Trennung von Staat, Wirtschaft, Recht und Kirche kennt, fordern die Marxisten die totale Herrschaft über alle Bereiche – den "Gottesstaat". Die derzeitigen Christen stehen eine ganze Kulturstufe über den Marxisten, denn sie mussten wohl oder übel dem Ratschlags Kants und anderer Aufklärer folgen: Der Glaube an Gott möge bitte schön auf den "Privatgebrauch" beschränkt bleiben. Damit können und wollen sich die Marxisten mit den Glauben an ihren Gott "Marx" niemals abfinden. Damit sind sie gegenüber den Christen das größere Übel.

In den Betrieben wurde gefordert, dass ein staatlicher Leiter zu 60 % ein politischer Leiter sein muss, d. h. fachliches Können spielte eine untergeordnete Rolle.

Nach 1945 war es allerdings nicht überall so. So bekamen in Dresden ehemalige Mitglieder der NSDAP kaum Arbeit. Da der Radeberger Großbetrieb ein S.A.G Betrieb war und der sowjetische Direktor der Meinung war "wer etwas bringt, wird eingestellt", gab es viele ehemalige Parteigenossen, die von Dresden nach Radeberg zur Arbeit fuhren. So wurde aus einer Munitionsfabrik eine Fernsehgerätefabrik die technisch den Grundig-Werk nicht nachstand, wie die Westdeutsche Fachpresse feststellte.

Nach der Wende bekamen einige SED Genossen im Betrieb Angst davor, dass man mit ihnen genau so verfahren würde, wie sie es mit den NSDAP-Mitgliedern in Dresden nach 1945 vorgemacht hatten. Sie meinten, dass es dem Betrieb damals gut bekommen ist, als nach 1945 bei der Einstellung die politische Vergangenheit nicht berücksichtigt wurde. Dieser Vergleich hinkt mächtig. Die Unternehmer, die Kapitalisten brachten den Fachleuten von 1945 das Arbeiten und das nüchterne und sachliche Rechnen bei. Die überzeugten SED-Genossen ähnelten mehr oder weniger Marx, der weder arbeiten noch rechnen gelernt hatte und mit der Technik auf Kriegsfuß stand, wie er selbst zugab: "aber die einfachste technische Realität, wozu Anschauung gehört, ist mir schwerer wie der größte Knoten". Das vom balzenden Tier übernommene Bestreben, sich immer als den Allergrößten darstellen zu müssen, muss realitätsblind machen, denn sonst könnte er mit guten Gewissen nicht so aufschneiden.

Das Streben nach Größe findet man in Bauten wie den Pyramiden, Tempeln und Kirchen wieder, die zu Ehren der Allergrößten, der Götter, errichtet wurden. In der DDR führte es z. B. zum Bau eines Flugzeugwerkes und von Automatisierungsobjekten, für die oft kaum Bedarf vorhanden war. Sie sollten als Vorzeigeobjekte den Beweis für die Überlegenheit des Sozialismus liefern und wurden zu Ehren der unfehlbaren Partei und ihrer Parteitage geschaffen. Um Sportlern vor aller Welt zum Sieg zu verhelfen, schreckte man vor keiner Schurkerei zurück.

Christen schreckten früher auch nicht vor einer Kastrierung von Chorknaben zurück, um ein religiöses Hochgefühl zu erreichen. Während Christen sonntags den Gottesdienst abhalten, war er für die Marxisten in der DDR auf den Montag festgelegt und wurde als Parteilehrjahr bezeichnet.

Der Zustand der DDR 1989 ähnelte dem Zustand der Bleibe von Karl Marx. "In der ganzen Wohnung ist nicht ein reines und gutes Stück Möbel. Alles ist zerbrochen, zerfetzt und zerlumpt. Überall die größte Unordnung", berichtete einst ein preußischer Polizeispitzel. Da vielen DDR-Bürgern die Marx’sche Art wesensfremd war, gab es auch in der DDR von ihren Besitzern mit handwerklichen Geschick gepflegte Eigenheime. Eigentum verpflichtet doch!

Dass Sachsen einst der Motor der industriellen Entwicklung in Deutschland war und auf Grund der geistigen Rührigkeit und Freigeisterei auch die gefährlichste Gegend für Religionen ist, mußten die Marxisten 1989 zur Kenntnis nehmen. Auch die Wende begann in Sachsen. Man demonstrierte anfänglich mit Sprüchen wie "Wir sind das Volk" später dann auch mit "Marx ist Murks" und "keine sozialistischen Experimente mehr".

Die Marxisten zielen wieder daraufhin ab, neue sozialistische Experimente zu starten, die am Ende im gleichen Unterdrü-ckungsstaat enden müssen. Hatte doch Le Bon schon erkannt: "Mit dem religiösen Gefühl sind gewöhnlich Unduldsamkeit und Fanatismus verbunden. Sie sind unausbleiblich bei allen, die das Geheimnis des irdischen und himmlichen Glückes zu besitzen glauben". Dies trifft ebenso auf die muslimischen Täter des 11. September 2001 und ihre Anführer zu, wie auch auf die Auseinandersetzungen um Israel. Selbst George W. Bush ist nicht frei davon. Da die Religionen das herdentierische Unterbewußtsein, das Erbgut im Menschen, befriedigen, die Menschen aber gewisse Unterschiede im Erbgut besitzen, zerfallen die Religionen üblicherweise in verschiedene Glaubensrichtungen, Sekten und Bündnisse von Gleichgesinnten. Nicht anders ist es bei den Marxisten. Da die Marx’sche Lehre nur eine paranoide Wahnvorstellung ist, glaubt jeder führende Marxist, dass die eigene Vorstellung davon die einzige richtige ist. Das heißt, dass derjenige, der an der Spitze der Partei steht, seine Ansichten zur Richtschnur für die Partei bestimmt. Dabei wird niemals die gesamte Glaubenslehre in Frage gestellt. Der linientreue Genosse folgt nun widerspruchslos allen Ansichten von oben, auch wenn sie sich ändern. Er gehört entweder zu denjenigen, die unfähig sind, die eigene Glaubenslehre kritisch zu untersuchen, oder zu denen, die z. B. um der Karriere willen besonders linientreu erscheinen müssen.

Nach 1945 wurden vorzugsweise in der SBZ die ersteren, die altgedienten Marxisten, an die Schaltstellen der Macht gestellt. Sie waren in der marxistischen Denkschablone gefesselt und wußten, dass die Reichen die Wurzel allen Übels sind. Es gibt Beispiele dafür, dass die Marxisten in der Enteignungszeit erst einmal nachschauten, wo etwas zu holen ist und wenn es sich lohnte, wurde der "Reiche" zum Kriegsverbrecher erklärt und enteignet.

Nicht viel anders war es zur Zeit der Inquisition. Der katholische Kirchenhistoriker Hans Kühner schreibt, dass die Inquisition "mindestens in der Hälfte aller Fälle um der nackten Selbstbereicherung willen" in Gang gesetzt wurde. Namentlich die spanische Inquisition war ein Instrument klerikaler Ausbeutung und nahm sich mit Vorliebe der wohlhabenden Marranen (Judenchristen) an.

Als im Herbst 1952 die Kartoffeln auf den Feldern wegen der vielen Niederschläge faulten, wurden betroffene Bauern wegen Nichterfüllung des Ablieferungssolls eingesperrt. Die verbliebenen Familienangehörigen waren im folgenden Frühjahr nicht in der Lage, die Felder ordentlich zu bestellen. Es war die Absicht gewesen, gemäß der Marxschen Neid- und Haßlehre, die Besitzenden mit guten Gewissen zu ruinieren. Erst durch den Volksaufstand 1953 und der nachfolgenden Amnestie kamen die Bauern frei.

Die damaligen Marxisten waren in der gleichen Denkschablone gefangen wie es Friedrich Konrad (Altkommunist, Mitglied des Bundes für Geistesfreiheit und der Gesellschaft für kritische Philosophie) und Michael Schmidt-Salomon anscheinend noch heute sind.

Sobald eine Lehre zur herrschenden Macht wird, gibt es Menschen, die auch um des Fortkommens willens zur neuen Lehre streben. In der DDR war es ebenso. Vielmals waren sie intelligenter als die "wahren" Gläubigen. Man konnte auch hier wieder 2 Gruppen unterscheiden. Die einen, die z. B. wegen eines Studienplatzes in die SED eintraten, andere, um ihrem Trieb nach "oben" zu folgen.

Als anschauliches Beispiel eignet sich der Werdegang eine Jungingenieurs, der, wie andere auch, erst einige Jahre in einer Entwicklungs- und Konstruktionsabteilung beschäftigt war. Als er sich verabschiedete, um eine Stellung im Betrieb einzunehmen, sagte einer: "Dann wirst du wohl bald in die SED eintreten". Die Antwort war: "Niemals". Das spontane Gelächter der Umstehenden veranlaßte einen, zu sagen: "Gerade du wirst deinen Weg über die Partei gehen". Später marschierte er nicht nur als Bannerträger der Kampfgruppe voran, er nutzte jede Gelegenheit, sich als Überzeugten zu präsentieren.

Nun zu denen, die mehr oder weniger freiwillig in die SED eintreten mußten. Wer aber zeitig genug in eine sogenannte Blockpartei eintrat, konnte sich für immer vor den unbeliebten SED-Werbern schützen.

Falls man diese SED-Genossen über längere Zeit kannte, konnte man sich auch über die Fehler von Marx und die Marxisten unterhalten und Informationen austauschen. Obwohl die Marxismusstundenzahl an Fachschulen die anderer Fächer übertraf, versuchten kritische Menschen, mehr Fakten und Tatsachen über Marx zu erfahren. So wurde z. B. an der Sächsischen Landesbibliothek ein Hochglanzdruck über Marx nicht, die kleingedruckte Marxbiografie von Blumenberg aber oft ausgeliehen.

Da sich die paranoide Wahnvorstellung der Marxisten nicht verwirklichen läßt, müssen immer Schuldige gesucht und gefunden werden. Folglich werden immer wieder neue Marxisten an die Parteispitze gestellt, die dann immer wieder neue sozialistische Experimente starten, ohne jemals die Marxsche Utopie verwirklichen zu können. Sicher dabei ist nur, dass es niemals einen "demokratischen Sozialismus" geben kann, denn es gibt viele sachlich denkende Menschen die unter keiner Wahrnehmungsblockade leiden und fähig sind, Wahnvorstellungen als solche zu erkennen. Dann gibt es noch Menschen mit anderen religiösen Vorstellungen, die nicht mit den Marxisten übereinstimmen. Sie alle müßten vom öffentlichen Leben ausgeschlossen werden – in Umerziehungslager und Zuchthäuser gesteckt werden – um die marxistische Wahnvorstellung verwirklichen zu können, denn diese verlangt das einheitliche Denken und Handeln. Dieses Denken steht im Widerspruch zum nüchternen und sachlichen Denken z. B. eines Ingenieurs. Das fiel auch Le Bon auf, der feststellte: "Die Erfinder können mit der Zeit eine Zivilisation beeinflussen, die Fanatiker allein, mit beschränkter Intelligenz, aber mit energischen Charakter und starken Leidenschaften, können Religionen stiften, Reiche gründen und die Welt zur Erhebung bringen". Was ein Agitator ist, bringt es auch fertig, den Demokratischen Sozialismus und trockenes Wasser zu verkaufen.

Es sind genau die Eigenschaften des Leittieres, auf die die Herde erpicht ist und die zur Wahrnehmungsblockade der Masse führen.

Zu den Eigenschaften gehört natürlich auch das Moralisieren. Seit dem die Evolution Männchen, Weibchen und den vom Hormon gesteuerten Sex erfand, gehört das Moralisieren, mehr oder weniger stark bei den verschiedenen Tierarten ausgeprägt, zum Balzverhalten. In Naturfilmen ist schon gezeigt worden, dass das balzende Vogelmännchen seiner Angebeteten Futterbrocken überreicht, um zu beweisen, dass es kein Egoist sei. Auch wurden mit versteckter Kamera frisch Verliebte beim Speisen im Restaurant gefilmt, wie sie sich gegenseitig fütterten. Deshalb gehört das Moralisieren zur Grundlage der Religions-, Sekten- und Ideologiegründer.

Marx, einer der größten Abzocker, bezichtigte unter dem Motto "Haltet den Dieb" die Kapitalisten und Unternehmer der Abzockerei. Marx, der Priester der "höheren Moral", paßt genau in das von Schopenhauer gezeichnete Bild, dass Priester ein sonderbares Mittelding aus Sittenlehrern und Betrügern sind, da sie sich stets als unfehlbar ausgeben, was sie aber niemals sind.

Le Bon schreibt: "Die Daseinsberechtigung der Götter, Helden und Dichter besteht darin, den Menschen ihren Anteil an Hoffnungen und Täuschungen zu geben, ohne die sie nicht leben können". Michael Schmidt-Salomon, der Dichter, kritisiert zwar die jüdisch-christlichen Legenden, seine eigenen Legenden über Marx sind aus dem gleichen Holz geschnitzt.

Konrad Löw kann sich noch so große akribische Mühe geben, aus den Marx’schen Schriften den Haß heraus filtern – einem Gläubigen mit einer felsenfesten Überzeugung ist es nicht möglich, Negatives über seine Lichtgestalt wahrzunehmen. Noch ein treffliches Beispiel hierzu bietet der Vortrag, den Friedrich Konrad am 07.02.96 anläßlich der Jahreshauptversammlung der Gesellschaft für kritische Philosophie zum Thema "Wie legitim war der reale Sozialismus?" hielt. Dieser Vortrag wurde später in Heft 1/97 veröffentlicht und endete mit den Worten: "Weil sich der Gesetzgeber für unfehlbar gehalten hatte, hätten diese >Gesetze< auf legalem Weg nicht geändert werden können. Der reale Sozialismus war so nicht legal". In der anschließenden Diskussion wollte es keiner glauben, dass es den "wahren Sozialismus" geben kann. Daraufhin forderte F. Konrad alle auf "wenigstens die PDS zu wählen". Damit offenbarte er, dass Konrad Löw und andere richtig liegen, wenn sie feststellen, dass die wenigsten Marxisten Marx wirklich kennen, denn der Unfehlbarkeitsanspruch wurde im realen Sozialismus von Marx selbst übernommen. Damit ist der Marxsche Sozialismus nach F. Konrads Worten nicht "legal". Nach der Logik müßte er sich deshalb vom Marxismus abwenden, doch Logik kann eine felsenfeste Überzeugung nicht zu Fall bringen. Nietzsche wußte auch, dass die "felsenfesten Überzeugungen" fast immer ins Irrenhaus gehören. F. Konrad wollte mit seinem Vortrag beweisen, dass im realen Sozialismus die falschen Marxisten herrschten und seine Vorstellung davon die einzig wahre und richtige ist. Doch wie alle Gläubigen kann er nicht hinhören – nicht einmal auf die eigene Argumentation.

Auf wen hörte M. Schmidt-Salomon in seinem Plädoyer für Marx? Zumeist auf Utopisten aus dem Bereich der akademisch-geisteswissenschaftlichen Papierwelt mit dem bei Lehrern verbreiteten Nachbeten von unfehlbaren Weisheiten, um sich selbst als unfehlbar hinzustellen, mit ihrer Angewohnheit, alles besser wissen zu müssen, mit ihrer Unbeholfenheit der Realität, besonders der Technik gegenüber und mit ihrem handwerklichen Ungeschick.

Nicht ein einziges mal sind Leute aus den Betrieben gefragt worden, um die es eigentlich geht. Er verhält sich damit genau so wie die von M. Wolf beschriebenen Marxisten immer sind: "Wir meinten, die Menschen zu kennen, in ihrem Sinne zu handeln. Wir hatten aber wohl verlernt, sie richtig zu verstehen. Heute sehen wir, die Menschen waren zum großen Teil gar nicht bei uns". Da ich 1990 zweimal zum Betriebsratsvorsitzenden von ca. 4.400 Beschäftigten gewählt wurde, weiß ich, dass die allermeisten Techniker, ohne die eine Industriebetrieb nicht auskommt, der Ansicht waren, Marx ist Murks.

Als Beispiel des linken Schablonendenkens sei noch der Besuch der ersten westdeutschen Delegation von Betriebsräten und Gewerkschaftern 1990 beim Betriebsrat in Radeberg erwähnt. Sie kamen hauptsächlich, um zu protestieren, dass wir im Osten ihnen die Arbeit wegnehmen. Danach sagte einer zu uns: "Ihr Angestellten seid viel zu feige, eueren Arsch von den Sesseln zu erheben, um gegen die Regierung de Maiziere zu streiken, da sie die Gewinne aus eueren Betrieb für ihre Diäten verwenden". Auf meine Antwort, dass wir die Fernsehgeräte gegenwärtig unter dem Materialpreis verkaufen, da gibt es keine Gewinne, wurde geantwortet: "Die Japaner machen das auch so, um dann den Weltmarkt zu beherrschen".

Später stellte sich heraus, dass die Gehälter der West-Gewerkschaftsfunktionäre höher lagen als die in der Regierung de Maiziere und der Delegierte mit den stärksten Emotionen ein Spitzel aus Markus Wolfs Truppe war.

Auch die sich Atheisten nennen, können genau so autoritätsgläubig und tief religiös sein, wie es überzeugte Christen sind, wenn sie den gleichen Trieb, das in ihrem Unterbewußtsein gespeicherte Verlangen nach einer das Heil versprechenden Autorität besitzen. Ihre Überzeugung, ihre Prägung macht realitätsblind und führt zum Haß auf alle diejenigen, die ihren Glauben nicht annehmen. Andererseits wurde festgestellt, dass dort Friedfertigkeit und Toleranz überwiegt, wo man zeitig lernte, sich auf die rationalen Kräfte des Geistes zu verlassen – in Industriegebieten.

Natürlich muss auch Karl Popper bei der Beschreibung der falschen Propheten Hegel und Marx in dem Kapitel: "Die orakelnde Philosophie und der Aufstand gegen die Vernunft" auf die beiden gegensätzlichen Welten stoßen: "Kritik erfordert immer eine gewisse Vorstellungskraft, während der Dogmatismus die Vorstellungskraft unterdrückt. Auch wissenschaftliches Forschen und technisches Konstruieren ist ohne ein sehr beträchtliches Ausmaß an Vorstellungsfähigkeit undenkbar, man muss hier etwas Neues bieten, anders als in der Orakelphilosophie, wo die ständige Wiederholung eindrucksvoller Worte auszureichen scheint."

Es ist mir deshalb wichtig, hier einen Blick in die Welt des technisches Konstrukteurs zu werfen. Einige, die in den höheren Sphären der Geisteswissenschaft schweben, wird es Überwindung kosten, in die für sie primitive Welt der Maschine hinabzusteigen.

Am Schluß einer zweijährigen Diskussion unter der Überschrift "Engpaß Konstruktion" wurde im Heft 7/1964 der Zeitschrift "Konstruktion" (Springer Verlag) eingeschätzt, dass etwa nur 2 bis 10 % der Studenten wirklich begabt sind, schöpferisch-konstruktiv oder wissenschaftlich zu wirken, aus denen gute und brauchbare Ingenieure werden können, vom Rest ist nichts Nennenswertes zu erwarten.

Aus der Praxis wurde berichtet, dass die begabtesten Konstrukteure meist Autodidakten sind. Die wünschenswerten Eigenschaften sind: Realitätssinn, Blick fürs Wesentliche, nüchternes und sachliches Denken, Phantasie, umfassendes und fundiertes Wissen, Energie, Ausdauer, Mut, Bescheidenheit und kein Dünkel. Aus diesen Eigenschaften folgt, dass Konstruieren und Platz Halten im öffentlichen Leben sich gegenseitig weitgehend ausschließen. Diese Eigenschaften sind Marx und seinen Anhängern wesensfremd, deshalb unterliegen sie dem Trieb, Meinungsführerschaft und Deutungsmacht zu erringen, wie das auch bei anderen Religionen zu beobachten ist. Dazu kommt noch, dass Anthropologen feststellten, dass in der Phase, in der vom Geist besonders viele Fakten aufgenommen werden müssen, die schöpferischen Leistungen scharf zurückgehen. Schopenhauer erkannte und beschrieb diesen Zusammenhang folgendermaßen: "Allerdings muss das fortwährende Einströmen fremder Gedanken die eigenen hemmen und ersticken, ja, auf die Länge, die Denkkraft lähmen, wenn sie nicht den hohen Grad von Elasticität hat, welcher jenem unnatürlichen Strom zu widerstehen vermag. Daher verdirbt das unaufhörliche Lesen und Studieren geradezu den Kopf, zudem auch dadurch, dass das System unserer eigenen Gedanken und Erkenntnisse seine Ganzheit und stetigen Zusammenhang einbüßt, wenn wir diesen so oft willkürlich unterbrechen, um für einen ganz fremden Gedankengang Raum zu gewinnen. Es ist sogar gefährlich, früher über einen Gegenstand zu lesen, als man selbst darüber nachgedacht hat. Denn da schleicht sich mit dem neuen Stoff zugleich die fremde Ansicht und Behandlung desselben in den Kopf, und zwar um so mehr, als Trägheit und Apathie anraten, sich die Mühe des Denkens zu ersparen und das fertig Gedachte anzunehmen und gelten zu lassen".

Der Begriff "Kopfwäsche" wird gewöhnlich im Zusammenhang mit Sekten verwendet. Er trifft auf Religionen und Ideologien ebenso zu, denn es gibt nur ein Leittierprizip. Das dauernde pedantische Nachbeten ist für Religionen und damit auch für den Marxismus überlebenswichtig. Dieses läßt sich auch am Beispiel von Charles Darwin nachweisen, der nicht viel vom Nachbeten hielt. Nach Jostein Gaarder bezeichnete der Schulrektor den Charles als Jungen, der sich herumtreibe, Unsinn rede, sinnlos protze und nichts vernünftiges leiste. Unter "vernünftig" verstand dieser Rektor das Büffeln von griechischen und lateinischen Vokabeln. Natürlich schloß er in Theologie mit keinem guten Examen ab. Kein Wunder, dass Darwin viel zur Aufklärung leistete und damit teilweise heute noch bei den Religionen in Ungnade fiel.

Geht man der Frage nach, warum die fähigsten Konstrukteure oft Autodidakten sind, die meistens eine mehrjährige handwerkliche Praxis besitzen, findet man wieder bei Schopenhauer eine Antwort: "Der Ungelehrte von Scharfblick und Penetration weiß jenes Reichthums zu entrathen: mit Vielem hält man Haus, mit wenig kommt man aus. Ihn lehrt Ein Fall aus eigener Erfahrung mehr, als manchen Gelehrten tausend Fälle, die er KENNT, aber nicht eigentlich VERSTEHT: denn das wenige Wissen jenes Ungelehrten ist LEBENDIG; indem jede ihm bekannte Thatsache durch richtige und wohlgefaßte Anschauung belegt ist, wodurch dieselbe ihm tausend ähnliche vertritt. Hingegen ist das viele Wissen der gewöhnlichen Gelehrten TODT".

Le Bon stößt in seinem Buch "Die Psychologie der Massen" im Abschnitt über Unterricht und Erziehung auf das gleiche Problem. Er schreibt: "Die erste Gefahr dieser Erziehung, ..., beruht auf einem psychologischen Grundirrtum, sich einzubilden, die Intelligenz entwickle sich durch Auswendiglernen von Lehrbüchern. Ferner bemüht man sich, so viel als möglich zu lehren und von der Volksschule bis zur Doktor- oder Staatsprüfung hat der junge Mann sich nur mit dem Inhalt von Büchern vollzustopfen, ohne jemals sein Urteil oder seine Entschlußkraft zu üben. Aufgaben lernen, eine Grammatik oder einen Abriß auswendig wissen, gut wiederholen, gut nachmachen, schreibt der ehemalige Unterrichtsminister Jules Simon, das ist eine komische Erziehung, bei der jede Anstrengung nur ein Beweis des Glaubens an die Unfehlbarkeit des Lehrers ist und dazu führt, uns herabzusetzen und unfähig zu machen".

Es war auch Platons Ziel: "Das erste Prinzip von allen ist dieses: Niemand, weder Mann noch Weib, soll jemals ohne Führer sein. Auch soll die Seele von keinem sich daran gewöhnen, etwas im Ernst oder auch nur im Scherz auf eigene Hand allein zu tun".

Es ist auch das erste Prinzip aller großen und kleinen Leittiere, die sich berufen fühlen, über die großen und die kleinen Herden zu herrschen. Aus diesem Trieb formulierte der Mensch das erste Gebot: "Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst nicht andere Götter haben neben mir".

Nicht alle Menschen sind an den Leit- oder Herdentiertrieb gefesselt. Als Vorläufer der selbständigen Denker eignet sich der einzelgängerisch lebende Orang Utan, der kein Leittier benötigt und sich auf eigene Erkenntnisse verlassen muss.

In Gefangenschaft zeigen Orangs verblüffende Fähigkeiten im Werkzeuggebrauch. Die Wärter im Zoo fürchten ihn als König der Ausbrecher. Im Spiegel Heft 23/94 sind seine Eigenschaften beschrieben. Stunden bringen die eigenbrötlerischen Tiere damit zu, in Vorhängeschlössern herumzustochern oder Schrauben aus der Wand zu pulen, sie geben erst Ruhe, wenn sie alles, was sich auseinandernehmen läßt, zerlegt haben. In deutschen Tiergärten werden die Behausungen der Menschenaffen deshalb mit Sicherheitsschlössern verriegelt. In anderen "Tier-Knästen" und in Freigehegen gibt es immer wieder Fälle, wo die findigen Affen trickreich das Weite suche. Damit kommen sie Karl Poppers Ansicht am nächsten: "Wissenschaftliches Forschen und technisches Konstruieren ist ohne ein sehr beträchtliches Ausmaß an Vorstellungsfähigkeit undenkbar, man muss hier etwas Neues bieten".

Schimpansen gelten als die Intelligentesten, denn sie zeigen die komplexesten Täuschungsmanöver. Auch sie hantieren geschickt mit Werkzeugen, doch die hektischen Fummler verlieren schnell die Geduld, denn sie müssen sich nicht nur durch Imponiergehabe wie Äste schütteln und Fell sträuben eindrücklich präsentieren, sondern noch ihren erigierten Penis zeigen, der im Mittel acht Zentimeter lang ist, um bei den Weibchen erfolgreich zu sein. Demgegenüber balzen Orang-Utans nicht. Ein brünstiges Weibchen bleibt nahezu unbeachtet, bis es sich praktisch in die Arme des Männchens begibt, dessen Penis nur halb so groß wie der des Schimpansen ist, schreibt Volker Sommer. Die Verpflichtung, dauernd balzen zu müssen, verhindert das tiefgründige Nachdenken.

Zum Schluß sind noch zwei Fragen offen. Warum bestellte die liberale Thomas-Dehler-Stiftung ausgerechnet den Marx-Verteidiger Dr. Michael Schmidt-Salomon als Referenten und bezahlte ihn noch? In einem Wochenendseminar in N.-Fischbach vor einigen Jahren mußte ich (Jahrgang 31) mich unwillkürlich schütteln, als er seine Zukunftsvision mit einem naiv-schwärmerischen Redeschwall von wohlklingenden Worten beschrieb. In der anschließenden Diskussion gab es die Bezeichnung "wolkig" dafür, ein anderer nannte es Arroganz. Da mußte ich natürlich Beifall spenden, denn die Ignorierung der Realität ist immer Arroganz. Eine ähnliche Art von Reden ist mir aus den Zeiten der DDR und des Nationalsozialismus bekannt, die den Dünkel der auserwählten Rasse, bzw. den Dünkel der auserwählten Klasse verteidigte.

Die zweite Frage ist: Warum wird der "Religionsstifter" und "Antihumanist" Karl Marx in Nürnberg als Aufklärer geführt? Denn so wie er haben die Religionsstifter vor ihm immer die anderen Religionen verteufelt, ohne deswegen als Aufklärer geführt zu werden. Anscheinend gab oder gibt es in der Gesellschaft für kritische Philosophie zumindest einige Mitglieder, die dem Verein einen "Marx-Drall" verpassen möchten.



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