Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber (Swisttal)

Neuere Literatur zu Philosophie und Praxis der Menschenrechte


Heiner Bielefeldt, Philosophie der Menschenrechte. Grundlagen eines weltweiten Freiheitsethos, Darmstadt 1998 (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), 230 S.

Thomas Fleiner, Was sind Menschenrechte, Zürich 1996 (Pendo-Verlag), 168 S., 26 DM

Norbert Brieskorn, Menschenrechte. Eine historisch-philosophische Grundlegung, Stuttgart 1997 (Kohlhammer-Verlag), 208 S., 36 DM

Hans Maier, Wie universal sind die Menschenrechte?, Freiburg 1997 (Herder), 157 S., 17,80 DM

Norberto Bobbio, Das Zeitalter der Menschenrechte. Ist Toleranz durchsetzbar?, Berlin 1998 (Klaus Wagenbach Verlag), 126 S.

Stephen Shute/Susan Hurley (Hrsg.), Die Idee der Menschenrechte, Frankfurt/M. 1996 (S. Fischer-Verlag), 255 S., 26,90 DM

Gunnar Köhne (Hrsg.), Die Zukunft der Menschenrechte. 50. Jahre UN-Erklärung: Bilanz eines Aufbruchs, Reinbek 1998 (Rowohlt-Verlag), 16,90 DM

Hauke Brunkhorst (Hrsg.), Einmischung erwünscht? Menschenrechte und bewaffnete Intervention, Frankfurt/M. 1998 (S. Fischer-Verlag), 206 S., 22,90 DM


Zur Akzeptanz der Menschenrechte bekennen sich formal weltweit die verschiedensten politischen Systeme – auch solche, die Prinzipien wie Meinungs- oder Religionsfreiheit nicht oder nur sehr eingeschränkt anerkennen. Entschuldigt und erklärt wird dies meist durch den Hinweis auf ein durch besondere kulturelle Prägungen entstandenes gesondertes Verständnis, das eben den Unterschied von "chinesischen" oder "islamischen" und "westlichen" Menschenrechten bedinge. Die Irritation über dieses Phänomen erklärt sich auch dadurch, daß es zwar einen weitgehenden Konsens über die Menschenrechte ausmachenden konkreten Rechte gibt, aber deren theoretische Grundlagen und daraus erwachsenden Konsequenzen nur begrenzt Gegenstand des Interesses sind. Hier Abhilfe schaffen will eine von dem Philosophen Heiner Bielefeldt vorgelegte Arbeit mit dem programmatischen Titel "Philosophie der Menschenrechte. Grundlagen eines weltweiten Freiheitsethos". Darin nimmt der Autor das Vorhandensein konkurrierender Menschenrechtsinterpretationen konstruktiv auf und bemüht sich um eine kritische Besinnung auf den normativen Grund und die normativen Grenzen der Menschenrechte.

Eng an den in dieser Frage nichts an Aktualität und Bedeutung eingebüßten Lehren des Philosophen Immanuel Kant orientiert nimmt Bielefeldt zunächst eine rechtsphilosophische Bestimmung der Menschenrechte vor, skizziert deren Ausdifferenzierung im Laufe der historischen Entwicklung und thematisiert das Spannungsverhältnis der Menschenrechte zur Moderne, stellen sie doch einerseits eine Antwort auf moderne Krisen- und Unrechtserfahrungen dar und wollen andererseits ein Freihheitsethos zur Anerkennung bringen, welches in seinem universalen Geltungsanspruch ebenfalls spezifisch modern ist. Danach widmet sich Bielefeld ausführlich der Antwort auf drei Fragen: Sind die Menschenrechte aufgrund ihres westlichen Ursprungs auch spezifisch westliche Werte und können somit keine universelle Gültigkeit beanspruchen? Müssen Menschenrechte als Ausdruck eines individualistischen Menschenbildes verstanden werden und tragen insofern auch nur westliche Züge? Und können Menschenrechte insofern "anthropozentrisch" genannt werden, als nur der Mensch Subjekt menschenrechtlicher Ansprüche ist und diese Auffassung etwa religiösen Traditionen im Kern widerspricht?

Bielefeldt möchte in seinen Antworten einen Ausweg aus der Alternative von "Kulturimperialismus" und "Relativismus" suchen, um den Universalismus der Menschenrechte zu wahren und ihm zugleich für eine allerdings nicht beliebige Vielfalt kultureller, religiöser und weltanschaulicher Lesarten zu öffnen. Entsprechend lehnt er auch die Auffassung ab, wonach Menschenrechte aus bestimmten kulturellen oder relgiösen Wurzeln herzuleiten seien, sondern hebt ihre spezifische Eigenart als modernes politisch-rechtliches Freiheitsethos hervor. Menschenrechte seien insofern zwar in den westlichen Ländern entstanden und Ausdruck der kulturellen Moderne, gleichwohl hätten sie sich dort auch gegen gegnerische Strömungen in Gesellschaft und Staat erst durchsetzen müssen. Um einen abstrakten Vorrang des Individuums vor der Gemeinschaft ginge es ihnen nicht, vielmehr ermöglichten erst die Menschenrechte freie Vergemeinschaftungen auf Basis der Gewährung von Distanzierungs- und Rückzugsoptionen für das Individuum in Gesellschaft. Und schließlich betont Bielefeld auch, daß die notwendige Säkularität der modernen Rechtsordnung erst die religiöse Freiheit ermögliche und das menschliche Freiheitsethos auch in religiöse Sprache umgesetzt werden könne.

Dem Autor kommt mit der philosophischen Besinnung auf den normativen Anspruch der Menschenrechte das Verdienst zu, nicht nur zur Selbtvergewisserung in der Frage der Definition und Geltung der Menschenrechte beigetragen zu haben. Darüber hinaus bietet die Arbeit überzeugende Argumente gegen eine in der Diskussion sowohl von Anhängern wie Gegnern des individualistischen und universalistischen Menschenrechtsverständnisses immer wieder beschworene falsche Entgegensetzung von "islamischen" und "westlichen" Auffassungen, die als Ausdruck einer kulturalistischen Verengung gilt. Dabei zeigt sich auch deutlich, daß Menschenrechte keineswegs selbstverständlicher Bestandteil der abendländischen Tradition waren und sind, sondern erst als Ergebnis einer politischen Auseinandersetzung durchgesetzt wurden. In ihrer spezifischen Eigenart als modernes politisch-rechtliches Freiheitsethos sieht Bielefeld denn auch in Anlehnung an den US-amerikanischen Sozialphilosophen John Rawls den Kern eines interkulturellen "overlapping consensus", dessen Akzeptanz die friedliche Koexistenz unterschiedlicher kultureller und weltanschaulicher Auffassungen ermöglicht.

Ebenfalls zu den philosophischen, aber auch zu den historischen Grundlagen der Menschenrechte äußern wollen sich zwei für ein breiteres Publikum geschriebene einführende Darstellungen, die von daher auch weniger abstrakt-philosophisch als Bielefeldts Arbeit konzipiert sind. Der Schweizer Jurist Thomas Fleiner gibt in seinem Band "Was sind Menschenrechte" einen knapp gehaltenen, an Fallbeispielen orientierten Überblick zum Thema, der die unterschiedlichsten Teilaspekte behandelt: von der Menschenwürde über den politischen Mißbrauch, die Geschichte der Menschenrechte und die Gewaltenteilung über die Gerichte als bester Schutz sowie die Macht der Polizei bis zur Situation der Asylbewerber und dem Recht auf Eigentum. Auch ansonsten weniger berücksichtigte Aspekte wie das Recht auf Sprache oder Menschenrechte im Krieg kommen zur Sprache. So empfehlenswert das Buch als allererster Einstieg ist, so mangelt es ihm – was der Verfasser im Vorwort selbst einräumt – aber an Systematik. Hin und wieder wird auch ein kompliziertes Problem sehr schematisch behandelt oder nicht näher hinterfragt, was etwa für die Darstellung der Frage nach den sozialen Rechten gilt.

Als "eine historisch-philosophische Grundlegung" versteht sich im Untertitel auch das Buch des Rechts- und Sozialphilosophen Norbert Brieskorn mit dem Titel "Menschenrechte", das allerdings einen überaus irritierenden Aufbau hat. Der Autor beginnt mit der Präambel zur Menschenrechtserklärung von 1789, entwickelt dazu einige Thesen, geht dann – was ein wichtiger, ansonsten in der Literatur nur stiefmütterlich behandelter Aspekt ist – auf die historischen Kontraste zum Menschenrechtsprogramm ein, beschreibt die Geschichte der Menschenrechtsentwicklung, erörtert den Begriff der Menschenrechte und deren unterschiedliche Begründungen und widmet sich nach der Hervorhebung des Universalismus-Aspekts dem Zusammenhang von Menschenrechten und Völkergemeinschaft. Neben dem didaktisch etwas verunglückten Aufbau und der inhaltlich irritierenden Präsentation verstört aber auch die unterschwellige Immunität gegenüber kritischen Aspekten, welche es immer wieder bei der Diskussion zu berücksichtigen gilt wie etwa das Spannungsverhältnis von Anspruch und Wirklichkeit oder von Ideal und Interessen. Insofern findet man in Brieskorns Buch hier und da zwar immer wieder interessante Anregungen, aber insgesamt hätte es für eine historisch-philosophische Grundlegung anders konzipiert sein müssen.

Vor dem Hintergrund der Diskussion um die universelle Geltung der Menschenrechte und dessen unterschiedliches Verständnis im liberal-individuellen oder sozial-kollektiven Sinne beschäftigt sich der Münchener Politologe Hans Maier in der kleinen Schrift "Wie universal sind die Menschenrechte?" mit deren Entstehung und Entwicklung, um damit aktuelle Probleme vor einer breiteren historischen, philosophischen und politischen Betrachtungsweise zu diskutieren. Zunächst benennt der Autor die Charakterisktika des Menschenrechtsverständnisses als individuelle, universelle und vorstaatliche Anspruchsrechte gegenüber dem Staat und beschreibt danach die Herausbildung dieser besonderen Auffassung der Menschenrechte und deren Niederschlag in Deklarationen, Katalogen und Verfassungsartikeln. Die Ausgestaltung der Menschenrechte im modernen Staat, also ihre Entwicklung zu konkreten einklagbaren Rechten steht im Mittelpunkt des darauf folgenden, vor allem auf die deutsche Situation bezogenen Kapitels. Anschließend widmet sich Maier der Universalisierung der Menschenrechte nach 1945 vor allem vor dem Hintergrund der problematischen kulturellen Differenzierung, womit die Konflikte um das Verständnis zwischen den westlichen Ländern und vielen Entwicklungsstaaten angesprochen sind. Danach geht es um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von christlichem und menschenrechtlichem Freiheitsverständnis, das der Autor aber als weitgehend identisch versteht und etwa die Prägung der Menschenrechte weitgehend aus dem christlichen Glauben ableitet. Diesen vier Kapiteln folgen zwei Anhänge: zum einen mit Exkursen und Ausblicken u.a. zur Frage der Menschenrechte für Ungeborene und zum anderen mit einem Dokumententeil, der u.a. die allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 enthält.

Mit dem schmalen Bändchen, das nur knapp 100 Seiten eigentlichen Text enthält, ist Maier eine eingängige, informative und kenntnisreiche Darstellung zum Thema gelungen. Überzeugend vermag er es, auf engem Raum die Grundlagen und Probleme des Themas und auch unterschiedliche Interpretationen und Positionen dazu darzustellen. Dabei ist der Autor in zentralen Fragen nicht unparteiisch: So tritt er etwa dezidiert für ein liberales statt ein soziales, für ein individuelles statt ein kollektives und für ein universelles statt ein kulturelles Verständnis der Menschenrechte ein. Allerdings hätte man sich hier und da schon eine etwas nähere inhaltliche und systematische Auseinandersetzung mit den jeweiligen anderen Auffassungen gewünscht. Auch konzentriert sich die Darstellung zu stark auf die christliche und westliche Prägung der Menschenrechte, wodurch ähnliche, wenngleich nicht so erfolgreich wirkende Ansätze in anderen Kulturen ignoriert werden. Gerade daran anzuknüpfen wäre aber die Aufgabe eines universellen Verständnisses der Menschenrechte. Problematisch ist darüber hinaus das beschriebene Verhältnis von Christentum und Menschenrechten: zwar betont Maier, daß es eine historisch wechselvolle Beziehung zwischen beidem gegeben habe, betont aber sehr stark sowohl die christlichen Ursprünge als auch die Gemeinsamkeiten der Glaubensinhalte mit diesen. Andererseits hebt Maier aber auch hervor, daß die Herausbildung eines individuellen Freiheitsverständnisses ein Werk der Aufklärung gewesen sei. Diese stand allerdings nicht nur in Frontstellung zur damaligen Kirche, sondern teilweise auch gegen den Glauben. Maier betont denn auch selbst, daß bei der Entwicklung des modernen Menschenrechtsverständnisses die Aufklärung das Konzept Menschheit aus seiner christlichen Verankerung löste, also der Begriff des Menschen über den des Christen obsiegte (vgl. S. 75). Hierdurch zeigt sich, daß das Verhältnis von Christentum und Menschenrechten weitaus spannungsreicher war, als es Maier suggeriert. Gleichwohl wertet diese einseitige Deutung den Band nicht in Gänze ab, handelt es sich doch um eine empfehlenswerte Einführung ins Thema mit hohem Informationswert.

Ebenfalls dem Thema Menschenrechte widmet sich ein Band mit Aufsätzen des bekannten italienischen politischen Philosophen Norberto Bobbio, von dessen bedeutenden Werken bislang lediglich die drei Bücher "Die Zukunft der Demokratie", "Rechts und Links. Gründe und Bedeutungen einer politischen Unterscheidung" und "Vom Alter" übersetzt wurden. Der Band "Das Zeitalter der Menschenrechte. Ist Toleranz durchsetzbar?" enthält vier Aufsätze aus seiner Feder, die bereits in Sammelbänden und Zeitschriften zwischen 1968 und 1989 erschienen, aufgrund ihres grundsätzlichen Charakters gleichwohl immer noch Aktualität genießen. Darauf macht auch Otto Kallscheuer in seinem Nachwort "Menschenrechte als Fortschritt der Humanität" aufmerksam, welches indessen besser als Einführung gelesen werden sollte, skizziert er doch darin Bobbios Verständnis der Menschenrechte vor dem Hintergrund seiner skeptischen Geschichtsphilosophie. Thematisch behandeln die Aufsätze Gegenwart und Zukunft der Menschenrechte, deren historische Entwicklung und Verhältnis zur Gesellschaft sowie Gründe für die Toleranz.

Von der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Jahr 1948 ausgehend beschreibt Bobbio deren Entwicklung als Synthese einer dialektischen Bewegung, die mit der abstrakten Universalität der Naturrechte beginne und über die konkrete Besonderheit der positiven Rechte der einzelnen Staaten bei konkreten universalen und positiven Rechten zum Abschluß komme. Menschenrechte seien kein Produkt der Natur, sondern der menschlichen Zivilisation – und als solche unterlägen sie dem Wandel, könnten verändert und erweitert werden. Insofern dürften Menschenrechte auch nicht abstrakt und isoliert aufgefaßt, sondern immer im Kontext der politischen und sozialen Rahmenbedingungen gesehen werden. In der Ausweitung und Intensivierung der gegenwärtigen Debatte um die Menschenrechte sowie deren Positivierung, Verallgemeinerung und Internationalisierung sieht Bobbio einen moralischen Fortschritt der Menschheit. Als entscheidendes Moment betrachtet er bei der Etablierung der Menschenrechte die mit der Aufklärung einhergehende Orientierung am Einzelnen, wonach an erster Stelle das Individuum stehe, und zwar das einzelne Individuum, das für sich genommen einen Wert darstelle: Erst dann komme der Staat, nicht umgekehrt. Das größte Problem für die gegenwärtige Situation der Menschenrechte sei, daß bei der weltweiten theoretischen Debatte über diese es doch an einem gemeinsamen Machtmittel im internationalen System fehle, das stark genug wäre, Verletzungen der erklärten Rechte vorzubeugen oder sie zu unterdrücken.

Bobbios Aufsätze sind im Unterschied zu Bielefeldts Studie mehr essayistisch und weniger systematisch angelegt. Gleichwohl verdienen sie vor dem Hintergrund der immer wieder interessanten Reflexionen des im deutschen Sprachraum leider bislang weniger bekannten Philosophen Aufmerksamkeit. In einem Punkt muß – mit dem Autor des Nachwortes Otto Kallscheuer – allerdings Einspruch erhoben werden: Bobbio problematisiert den theoretischen Widespruch zwischen universellem moralischem Anspruch und der territorialstaatlichen Durchsetzung der Menschenrechte nicht genügend. Er läßt sich zwar durch das Wirken internationaler Institutionen oder Regelungen zwischenstaatlicher Vereinbarungen in seinen Auswirkungen abmildern, aber kann auch in die Negation individueller Menschenrechte zugunsten der nationalen Selbstbestimmung umschlagen. Der letztgenannte Anspruch auf kollektive Autonomie steht aber im theoretischen Gegensatz zum Individualitätsprinzip und insofern sollte das Recht auf nationale Selbstbestimmung in der Tat nicht zu den Menschenrechten gezählt werden. Aber auch diese kritische Bemerkung kann und will nicht die Bedeutung von Bobbios interessanten Essays schmälern.

Und schließlich sollen noch drei interessante Sammelbände kurz besprochen werden: Der von dem Juristen Stephen Shute und der Philosophin Susan Hurley herausgegebene Band "Die Idee der Menschenrechte" enthält sieben Aufsätze, die auf die Vorträge zu den Oxford Amnesty Lectures 1993 zurückgehen. Darin finden sich Beiträge bekannter Philosophen wie Agnes Heller, Jean-Francois Lyotard, John Rawls oder Richard Rorty, die sich mit den unterschiedlichen theoretischen Fragen der Menschenrechte beschäftigen. Dazu gehört die Verankerung in unterschiedlichen politischen Systemen ebenso wie die Bedeutung der Menschenrechte im Völkerrecht, die Grenzen des Naturrechts ebenso wie das Verhältnis von Mehrheitsprinzip und Individualrechten. Insgesamt handelt es sich um einen interessanten Band, dessen Beiträge sich aber weitgehend auf philosophisch-theoretische Fragen beziehen. Demgegenüber beabsichtigen die Texte des von dem Journalisten und amnesty international-Aktivisten Gunnar Köhne herausgegebenen Buchs "Die Zukunft der Menschnrechte" eine Bilanz ihrer Verwirklichung 50 Jahre nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen vorzunehmen. In 15 Beiträgen von Journalisten, Menschenrechts-Aktivisten und Wissenschaftlern werden neben allgemeineren Artikeln zur Bedeutung der UN-Erklärung und dem Wandel von Menschenrechten und Menschenrechtsverletzungen Fallstudien präsentiert, von der Anatomie des Völkermordes in Ruanda über das Schicksal der "Verschwundenen" im ehemaligen Jugoslawien und die Gewalt gegen Frauen bis zur Todesstrafe in den USA. Weitere Beiträge behandeln die Rolle der Vereinten Nation, die Notwendigkeit eines Internationalen Strafgerichtshofes, nichtsstaatliche Menschenrechtsorganisationen und die Menschenrechtsdefizite deutscher Außen- und Entwicklungspolitik. Auch hierbei handelt es sich um einen beachtenswerten und informativen Band, der allerdings keine allgemeine und systematische, sondern eine über Fallstudien präsentierte Bilanz liefert. Und schließlich sei auf ein Sammelwerk zu dem wohl mit am heftigsten diskutierten Thema bei der Debatte über aktive Menschenrechtspolitik hingewiesen, der von dem Soziologen Hauke Brunkhorst herausgegebene Band "Einmischung erwünscht? Menschenrechte und bewaffnete Intervention". Darin enthalten sind sieben Aufsätze, die sich mit der Problematik humanitärer militärischer Intervention im Spannungsfeld von Einmischung und Selbstbestimmung sowie mit den Peacekeeping-Erfahrungen im Alltag beschäftigen. Es geht darin um die Volkssouveränität und das Prinzip der Nichtintervention in der Friedensphilosophie Immanuel Kants wie um die Frage des Rechts auf humanitäre Intervention, die Handlungsfähigkeit der Staatengemeinschaft, die mögliche Polzeirolle der Vereinten Nationen oder die Möglichkeiten der Durchsetzung des Rechts durch Organisationen kollektiver Sicherheit. Meist beschränken sich die Beiträge auf die Erörterung institutioneller oder juristischer Probleme, was sicherlich notwendig und wichtig ist, gleichwohl wird das komplizierte Thema weitgehend auf diese beiden Diskussionsebenen beschränkt behandelt, wobei die ganze Komplexität der Frage nach einer möglichen politischen und/oder militärischen Intervention für Menschenrechte nicht genügend Berücksichtigung findet. Gleichwohl handelt es sich auch hierbei um einen beachtenswerten und informativen Sammelband.




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