Dr. Klaus-Peter Rippe (Zürich)

Von privaten und von real existierenden Staaten

Kritische Anmerkungen zum libertären Freiheitsverständnis

Es wird im allgemeinen angenommen, dass jeder Mensch die Möglichkeit haben sollte, sein eigenes Leben in den wichtigsten Bereichen selbst zu bestimmen. Diese Ansicht kann aus der skeptischen Position erfolgen, dass niemand besser als das Individuum selbst weiss, was für es gut ist; oder aus der inhaltlich normativen Position, dass die Autonomie des einzelnen beachtet werden sollte. In beiden Fällen wäre jede Fremdbestimmung begründungsbedürftig, auch die Fremdbestimmung durch den Staat. Nach Ansicht der meisten Autoren ist eine solche Begründung staatlicher Tätigkeit sehr wohl möglich. Zumindest die Existenz eines Minimalstaates, der für den Schutz seiner Bürger, ein Rechtssystem und öffentliche Güter sorgt, sei für jeden Bürger unverzichtbar.

Diese Position, die auch Robert Nozick in dem inzwischen klassischen Buch des modernen Libertarismus "Anarchy, State and Utopia" (1974) vertritt, wird von einigen neueren Libertären wie Hans-Hermann Hoppe, Hardy Bouillon, Gerard Radnitzky oder Murray N. Rothbard in Frage gestellt. Sie betonen, dass es keineswegs notwendig sei, den Schutz der Freiheit und die Herstellung (weiterer) öffentlicher Güter an einen Staat zu delegieren. Diesen Vertretern eines strikten Libertarismus oder Anarcho-Liberalismus gegenüber mag man einräumen, dass es zumindest denkbar ist, dass der Schutz der eigenen Privatsphäre und die Herstellung jener Güter, die im allgemeinen als öffentliche Güter bezeichnet werden (wie Verteidigung, saubere Umwelt, ...), durch private Anbieter übernommen wird. Es ist jedoch eine andere Frage, ob es für den einzelnen pragmatisch sinnvoll ist, in allen Fragen der eigenen Sicherheit und bei allen Gütern dem freien Markt zu vertrauen. Die individuellen Kosten wären beträchtlich, die in Auswahl der Vertragspartner, in Verhandlungen, in Kontrolle der Leistungen und Rückversicherungen investiert werden müssten. Der einzelne müsste so viel Zeit und Aufwand in die Organisation des eigenen Lebens investieren, dass er für eine weitere Gestaltung des eigenen Lebens, für Freizeit und Weiterbildung, nur schwer Platz fände. Ja, es wäre anzunehmen, dass das Leben in einer solch vollkommen freien Welt viele Menschen (unter anderem kognitiv) überfordern würde. Dies wird von Libertären teilweise zugestanden. In Diskussionen räumen sie (so etwa Hardy Bouillon in den Nürnberger Seminaren der Thomas Dehler-Stiftung) die Möglichkeit ein, dass es für freie Bürger sinnvoll sein könnte, wenn sich letztendlich so etwas wie private Staaten bilden würden, die alle traditionellen Staatsaufgaben übernehmen. Ja, es wird sogar eingeräumt, dass eine dieser Schutzfirmen ein natürliches Monopol haben könnte. Libertäre scheinen die These zu vertreten, dass ein solcher privater Staat die traditionellen Aufgaben übernehmen könnte, ohne im selben Sinne Zwang auf die Bürger auszuüben oder im selben Sinne die Freiheit der Bürger zu verletzen.

Mir scheint, dass sich an diesem Punkt, wo zwischen einem (libertär tolerierten) privaten Staat und den (libertär nicht tolerierten) real existierenden Staaten unterschieden wird, entscheidende Theoriedefizite des Liberalismus aufzeigen lassen. Ich werde erstens zeigen, dass die libertäre Theorie auf empirischer Ebene von einem synchronen Gesellschaftsbild ausgeht, das Wandel und Geschichte ignoriert (Abschnitt 1). Ich werde zweitens nachweisen, dass auch bei Zugrundelegung eines libertären Freiheitsverständnis, das ich im Abschnitt 2 kurz vorstelle, nicht davon die Rede sein kann, dass eine Staatsbürgerschaft durch Geburt und Herkunft per se eine Freiheitsverletzung darstellt (Abschnitte 3-5). Die unterschiedliche Beurteilung von privaten und real existierenden Staaten erweist sich dabei zwar in der Theorie des Libertarismus als konsequent; aber dabei zeigt sich zugleich die Unattraktivität der zugrundeliegenden normativen Theorie.

1. Eine Welt für Seidenraupen, eine Welt für Menschen

In real existierenden Staaten wird das Individuum durch Abstammung, seinen Geburtsort oder andere kontingente Faktoren in eine Staatsbürgerschaft hineingezwungen. Traditionell wird vorgebracht, der Verbleib in einem Territorium oder generell das Behalten seiner Staatsbürgerschaft stelle zumindest eine implizite Zustimmung zum Staat dar. Schon David Hume hat freilich darauf verwiesen, dass eine Auswanderung durch die mit ihr verbundenen sozialen Verluste und andere Kosten für die wenigsten Menschen eine wirkliche Handlungsoption darstellt. Der nur eine Landessprache beherrschende, arme Bürger kann nicht wählen, das Land zu verlassen. Wenn man sagte, er hätte die freie Wahl, so könnten wir, wie David Hume sagt, "ebensogut behaupten, dass ein Mann durch seinen Aufenthalt auf einem Schiff die Herrschaft des Kapitäns freiwillig anerkennt, obwohl er im Schlaf an Bord getragen wurde und ins Meer springen und untergehen müsste, wenn er das Schiff verlassen wollte." (Hume 1772, 1988: 311) Der einfache Mensch wird in den Staat hineingezwungen und hat alle Folgen der Staatsbürgerschaft inklusive des Kriegsdienstes gezwungenermassen auf sich zu nehmen.

Wäre dies aber anders, wenn ein privater Staat bestünde? Dies scheint mir nicht der Fall zu sein. Schon bei der Partizipation an der Verteidigung wäre die Situation des einzelnen ähnlich, ja gleich. Ich werde im folgenden nicht den aktiven Kriegsdienst nehmen, sondern nur den finanziellen Beitrag zur Verteidigung. Entscheidend ist hier sicher das Aktionsprinzip des privaten Staates. Der private Staat könnte entweder nur dann handeln, wenn er die Einwilligung aller Vertragspartner hat (i), es könnte ein Mehrheitsprinzip geben, das dessen Handlungen lenkt (ii), oder der freie Mensch hätte seine Entscheidungsbefugnis (iii) an die Leitenden des privaten Staat delegiert, die ihre Entscheidungen ohne weitere Rücksprachen mit den Vertragspartnern treffen.

Gehen wir beispielsweise davon aus, dass die Verteidigung der Vertragspartner nach Ansicht von Experten verbessert werden könnte, wenn der private Staat zehn Alphajets kauft; und nehmen wir weiter an, dass es eine kleine, durch Argumente nicht mehr zu überzeugende Minderheit gibt, die diesen Kauf aus den unterschiedlichsten Gründen ablehnt. Wenn der private Staat (i) nur bei Konsens aller Vertragspartner handeln könnte, müsste die Mehrheit in diesem Fall versuchen, die Vertreter der Minderheitsmeinung durch Kompensationszahlungen dazu zu bewegen, dem Kauf der Alphajets zuzustimmen. Aber in diesem Fall wäre es für jeden Vertragspartner rational, seine Zustimmung nur gegen Kompensationszahlung zu leisten. Ja, wir stehen vor dem altbekannten Problem, dass jeder danach streben würde, als letzter einen möglichst hohen Preis für seine Einwilligung herauszuschlagen. Die Kosten für einen Alphajet wären schliesslich vernachlässigbar gering gegenüber den Kompensationszahlungen, die an die anderen Vertragspartner gezahlt werden müssten. Angesichts der Zeit, die für die notwendigen Verhandlungen verwendet werden müssten, sind Zweifel angebracht, dass ein solcherart konstituierter privater Staat handlungsfähig wäre.

Libertäre könnten vielleicht erwidern, dass es möglich wäre, nur jene von Dienstleistungen profitieren zu lassen, die dafür bezahlten. Doch nicht nur, dass diese Lösungen in vielen Fällen äusserst kompliziert ausfallen werden, mag man zudem bestreiten, dass in allen Fällen eine Lösung möglich ist. Einige Bürger haben, um wiederum die Verteidigung zu nehmen. dafür bezahlt, dass ihr Eigentum und Leben durch Abwehrraketen, Panzer und Infanterie verteidigt wird; sie haben den Kauf der Alphajets jedoch nicht unterstützt. Wenn im Falle des Angriffs durch eine mafiöse Firma auch der Einsatz von Alphajets erforderlich wäre, reicht die Zeit kaum aus, um zu diesem Zeitpunkt deren Zustimmung einzuholen und doch noch Jets zu kaufen. Kann man dann die Zahlungsverweigerer davon ausschliessen, durch den Einsatz der Jets auch beschützt zu werden? Dies wird in Ausnahmefällen, aber nicht immer möglich sein. Oder sollen sie nach der erfolgreichen Abwehr zur Zahlung angehalten werden? Für jeden einzelnen gälte dann folgendes Kalkül: Wenn ich im Frieden für Alphajets zahle, könnte es sein, dass diese nie zum Einsatz kommen. Wenn ich sie nicht zahle, werde ich nur dann zahlen, wenn sie gebraucht wurden. Also zahle ich nicht, sondern warte den Ernstfall ab.(1)

Würde aber (ii) ein Mehrheitsbeschluss der Vertragspartner ausreichen, hiesse dies, dass die Minderheit gezwungen würde, wider ihren Willen dem Kauf einer Waffe zuzustimmen. Aber wie unterschiede sich deren Situation von der Situation eines Staatsbürgers? Auch dieser wird schliesslich durch parlamentarische Mehrheiten oder durch die Mehrheit der Bürger sehr oft dazu gezwungen, dass ein Teil seiner Steuermittel für Ausgaben verwendet wird, deren Sinn er nicht einsieht bzw., die er selbst missbilligt. Der Libertäre wird freilich darauf insistieren, dass die Abstimmungsregelungen und Bedingungen, wie abweichende Minderheiten kompensiert werden, im privaten Staat Teil des Vertragsabschlusses sind. Auch wenn Minderheiten hier durch Verträge dazu gezwungen werden, Entscheidungen zu unterstützen, die sie missbilligen, wäre dieser Zwang nicht mit dem Zwang in real existierenden Gesellschaften zu vergleichen. Im Gegensatz zum Bürger eines real existierenden Staates könne der freie Mensch, dies sei der entscheidende Punkt, die Vertragsbestimmungen nämlich frei wählen. Dasselbe gilt für die letzten noch zu untersuchende und plausibelste Möglichkeit, die Delegation der Entscheidungsbefugnis. Würden nämlich (iii) die Angestellten des privaten Staates allein über die zur Verteidigung notwendigen Massnahmen entscheiden, ist die Analogie zum real existierenden Staat zwar gross, aber auch hier bestünde der Unterschied, dass die freien Menschen ihre Entscheidungsbefugnis freiwillig delegierten und den Bedingungen des privaten Staaten freiwillig zustimmten.

Hier zeigt sich jedoch ein Hauptproblem der libertären Position. Weder der freie Mensch noch die privaten Anbieter von Schutz und Gütern haben irgendeine Form von Geschichte. Der freie Mensch beginnt zur Stunde Null, wo keine Institutionen und Verträge bestehen und kreiert und gestaltet neue Institutionen. Der freie Mensch bleibt dann aber stets in dieser Stunde Null stehen, bzw. es wird vorausgesetzt, dass er jederzeit zu diesem Urzustand zurückwechseln kann, um neue Verträge zu schliessen und neue Institutionen zu schaffen. Allerdings leben wir nicht in einer solchen zeitlosen und ahistorischen Welt! Wenn die libertäre Philosophie jemals von einer Gesellschaft realisiert werden sollte, wäre nur die Gründergeneration in ihren Vertragsabschlüssen vollkommen frei, nicht aber die auf sie folgenden. Der Libertarismus scheint denselben Fehler zu begehen, den Hume den Vertragstheoretikern vorwirft. Ihre Theorie funktionierte, wenn "eine Generation von Menschen auf einmal verschwinden und eine neue auftauchen würde, wie im Falle der Seidenwürmer und Schmetterlinge". (Hume 1772, 1988: 312). Dann könnte diese Generation ohne Rücksicht "auf die Gesetze oder Vorbilder ihrer Vorfahren" vorgehen und könnte einen jeweils neuen Staatsvertrag entwerfen und beschliessen. Aber jede menschliche Gesellschaft befindet sich, so Hume, "in ständiger Bewegung, wobei zu jeder Stunde ein Mensch diese Welt betritt und ein anderer sie verlässt." (Hume, 1772, 1988: 312)

Auch in einer libertären Gesellschaft würde der freie Mensch so nicht in der Stunde Null in die Geschichte eintreten; er würde in eine Gesellschaft geboren, in der er zwischen bestehenden Anbietern von Dienstleistungen zu wählen hat. Damit ist seine Freiheit aber stets eingeschränkt. Sollen etwa private Tennisvereine ihre Mitgliedsbedingungen jeweils neu aushandeln, wenn ein Mitglied um Neuaufnahme bittet? Dies widerspräche dem Interesse und Willen der anderen Mitglieder, die von jedem neuen Mitglied erwarten werden, dass es die Vereinsregeln mit all ihren Rechten und Pflichten einhält. Wenn der freie Mensch der 2. Generation Tennis spielen will oder zumindest private Tennisanlage nutzen will, ist er nicht völlig frei. Fehlen ihm die finanziellen Ressourcen, eigene Tennisplätze und Tennispartner zu finanzieren, ist er gezwungen, sich an einen der bestehenden Tennisvereine und eine der bestehenden Vereinssatzungen zu halten. Gäbe es nur einen Tennisverein in seinem Gebiet, hat er nur die Wahl, ihm beizutreten oder nicht. So frei ist der freie Mensch einer libertären Welt also nicht. Seine Handlungsoptionen sind durch ein bestehendes Angebot eingeschränkt; und die Schaffung eines neuen Angebots ist mit so hohen Kosten verbunden, dass nur wenige diese Option als Option sehen oder ergreifen werden.

Einem Tennisverein kann man fernbleiben, wenn man will. Anders sieht es jedoch aus, wenn es um Anbieter von Schutz und öffentlichen Gütern geht. Hier ist jeder um des Überlebens willen darauf angewiesen, einen Vertrag abzuschliessen. Hätte sich in einer libertären Gesellschaft ein natürliches Monopol eines privaten Staates herausgebildet, hiesse dies, dass es in dem jeweiligen Territorium nur einen Anbieter gäbe. Für den Menschen, der auf Schutz und auf die Herstellung anderer Güter nicht verzichten kann, bestünden dann nur drei Möglichkeiten. Er könnte die Dienste des privaten Staates nutzen, er könnte auf ein anderes Territorium wechseln, wo ein anderer privater Staat besteht, oder er könnte versuchen, einen eigenen neuen privaten Staat zu kreieren. Die ersten Möglichkeiten entsprächen vollkommen den Optionen, die Bürger real existierender Staaten haben. Aber dasselbe gilt für die dritte Möglichkeit. Denn auch in einem real existierenden Staat kann der einzelne versuchen, die bestehenden Regeln zu verändern und einen neuen Staat zu schaffen. Er kann sich innerhalb des politischen Systems engagieren, ja, er kann revoltieren und eine Revolution initiieren. Man mag sagen, dass traditionelle Staaten solchen Revolten und Revolutionen anders begegnen werden und dass das Risiko für den freien Menschen in einem privaten Staat kleiner wäre.

Aber ist dies wirklich zu erwarten? Es gibt schliesslich keinen Superstaat als Garanten dafür, dass ein privater Staat die ihm zur Verfügungen stehenden Zwangsmittel inkl. der zur Verfügung stehenden privaten Schutzgruppen nicht auch benutzen wird, um mögliche Konkurrenten auszuschalten. Prinzipiell sind die Handlungsoptionen in einer Gesellschaft mit einem privaten Staat also genauso eingeschränkt wie in einem traditionellen Staatsgebiet. Der Kunde einer Firma, die staatliche Aufgaben übernommen hat, befindet sich in derselben Situation wie ein Bürger eines Staates. Eine Person hat in beiden Fällen drei Handlungsoptionen, bei denen zwei mit solchen Kosten verbunden sind, dass sie diese kaum ergreifen wird.

Man könnte sagen, Libertäre könnten ihre Position aufrechterhalten, wenn sie diesen privaten Staat ablehnen. Sie müssten Möglichkeiten ersinnen, wie verhindert werden kann, dass eine vorherrschende Schutzorganisation ein Monopol erhält. Aber in einer libertären Gesellschaft gibt es natürlich keine Garantie, die einen solchen privaten Staat verhindert. Denn eine Kartellbehörde besteht ja nicht; und wenn man sie kreierte, was wäre es anders als ein neuer Staatsvertrag und der Wechsel von einem libertären zu einem ordoliberalen System? Diesen Schritt können Libertäre aber nicht vollziehen. Ihr Freiheitsverständnis scheint zu gebieten, jegliche staatliche Ordo abzulehnen. Während der traditionelle Staat als Bedrohung der Freiheit gesehen wird, scheint ein solcher privater Staat tolerierbar zu sein.

Dies kann nicht nur mit der libertären Furcht vor dem unersättlichen, alles verschlingenden Leviathan zu tun haben. Ihr Argument, dass es, wenn es einen Staat gibt, dieser unaufhaltsam wachsen müsse und immer neue, freiheitseinschränkende Aufgaben an sich reissen würde, müsste im selben Sinne auch für private Staaten gelten, sobald diese ein natürliches Monopol haben. Denn warum sollte sich nicht auch dieser private Staat in einen ewig hungrigen Leviathan verwandeln? Das Argument von der wachsenden Staatsquote allein kann also die unterschiedliche Bewertung nicht begründen. Der Ursprung für die unterschiedliche Beurteilung muss an einem theoretisch fundamentaleren Ort zu finden sein.

2. Unterschiedliche Freiheits- und Theoriekonzeptionen

Es lohnt sich, den libertären Freiheitsgrundsatz näher zu betrachten. Dabei geht es, um einem möglichen Missverständnis vorzubeugen, nur um die politische Freiheit, nicht um Fragen der Willens- und Handlungsfreiheit. Auch wenn man diese Unterscheidung beachtet, bleibt Freiheit ein schwer zu definierender Begriff. Die Vielfalt liberaler Positionen ist nicht zuletzt durch abweichende Freiheitsdefinitionen und unterschiedliche Einbettungen des Freiheitsgrundsatzes in eine ethische Theorie zu erklären. Das Freiheitsverständnis differiert insbesondere in zweierlei Hinsicht. Zum einen ist unklar, inwiefern Freiheit ein steigerbarer Wert ist oder nicht. Zum anderen differeriert die Rolle des Freiheitsgrundsatzes je nach theoretischem Umfeld. Man kann Freiheit zum einen als Wert bezeichnen, der in der konsequentialistischen Bewertung von Handlungsfolgen zu berücksichtigen ist. Oder man kann Freiheit in einer deontologischen Ethikkonzeption als Grundsatz auffassen, der jede Folgebewertung gerade verbietet. Libertäre und Anarcholiberale vertreten eine deontologische Ethik, in der Freiheit als nicht steigerbarer Begriff aufgefasst wird.

In unserem Alltagsverständnis von Freiheit ist es durchaus möglich, von freieren und unfreieren Menschen zu sprechen. Je mehr Handlungsoptionen der einzelne hat, je weniger Optionen dem Menschen durch Zwang verschlossen sind, desto grösser ist seine Freiheit. Dabei geht es, um ein mögliches Missverständnis zu vermeiden, nicht um die Zahl der Handlungsoptionen insgesamt, sondern um bedeutende Handlungsoptionen. Ohne diese Einschränkung könnte ein totalitäres Land wie Albanien, so Taylor (129 f.), das Religions- und Meinungsfreiheit unterdrückt, vielleicht als sehr freiheitlich gelten, nur weil seine Verkehrsregeln den Autofahrern alle Optionen lassen.

Mill und Humboldt legen ihrem Werk ein solches perfektionistisches Freiheitsverständnis zugrunde. Gleichberechtigung der Frau (Mill), die wissenschaftliche Zivilisation (Humboldt) oder Bildung (Humboldt und Mill) werden begrüsst, weil sie Freiheit ermöglichen. Wohlfahrtsstaat (Humboldt) und Massenkultur (Mill) werden abgelehnt, weil sie zu einer Verkümmerung der Freiheit beitragen. Sowohl Mill wie Humboldt gehen dabei nicht einfach von unserem Alltagsverständnis von Freiheit aus, sie verstehen Freiheit als Entwicklung und Ausübung höherer Fähigkeiten, dies kann hier allerdings nicht interessieren. Entscheidend ist, dass Libertäre von einem ganz anderen Freiheitsverständnis ausgehen. Der Libertarismus – und dies gilt für die moderate Version des frühen Robert Nozick wie für den Anarcholiberalismus – fordert nicht, dass Menschen so viele (wichtige) Handlungsoptionen wie möglich haben sollten. Alternative Welt- und Gesellschaftszustände werden also nicht danach bewertet, ob in ihnen ein möglichst grosses Mass an Freiheit verwirklicht wird. Es wird ausschliesslich danach gefragt, ob und in welchem Masse in den alternativen Welten in die Entscheidungsbefugnis eingegriffen wird. Vielleicht ist diese Formulierung noch irreführend, weil sie eine Familienähnlichkeit zum negativen Uitilitarismus andeutet, nur dass es eben nicht um Leidensminimierung, sondern Minimierung von Freiheitsverletzungen geht. Der Libertarismus ist aber keine konsequentialistische Theorie. Denn kein Libertärer würde sagen, dass es erlaubt sein könnte, in die Entscheidungssphäre eines Menschen einzugreifen, um damit zu verhindern, dass die Freiheit dreier Menschen verletzt wird. Solche konsequentialistischen Überlegungen, die einen möglichst guten oder den am möglichst wenig schlechten Gesellschaftszustand zu ermitteln suchen, stehen den Libertären fern. Es geht ihnen, dies die bedeutendste Differenz zwischen Nozick und Rawls, nicht um Endzustände. Es geht dem Libertären darum, dass es nicht legitim ist, wenn Politik bestimmte Endzustände anzustreben sucht und dabei in die Entscheidungssphäre des einzelnen eingreift. Freiheit ist im Rahmen einer deontologischen Theorie ein beschränkendes Prinzip (constraint), das eine Folgebewertung gerade ausschliesst und verbietet. Freiheit bezieht sich also immer auf den Schutz einer gegebenen Entscheidungssphäre.

In der Literatur werden diese unterschiedlichen Freiheitskonzeptionen und die unterschiedliche Einbettung des Freiheitsgrundsatzes in eine umfassende normative Theorie oft ignoriert. In der weit verbreiteten Einführung in die politische Philosophie legt zum Beispiel der kanadische Sozialphilosoph Will Kymlicka (1990, 1996; 98ff) eine ausführliche Kritik des Libertarismus vor. Aber wenn man genau hinsieht, argumentiert Kymlicka stets mit einem Mill’schen Freiheitsbegriff gegen den Libertarismus. Aber genau diesen Freiheitsbegriff, wo es um die Ermöglichung von Entscheidungen und Tätigkeiten geht, würden Libertäre gerade ablehnen. Die Kritik läuft so an deren Theorien vorbei. Letztlich ist es nichts als ein stetes Insistieren: "Man hat den Liberalismus aber auch ganz anders verstanden!" – kein sehr einschlägiger Einwand gegen eine Theorie. Bouillion (1997; 15ff , 36) irrt sich auf der anderen, libertären Seite, wenn er meint, klassische Liberale wie W. v. Humboldt oder Hayek hätten den Freiheitsgrundsatz nicht strikt genug verwendet und hätten ihren Liberalismus konsequentialistisch aufgeweicht. Humboldt und Hayek verwenden den Freiheitsgrundssatz sehr wohl strikt, nur eben nicht in einer deontologischen, sondern einer konsequentialistischen Theorie. Eine deontologische Theorie lag ihnen beiden gänzlich fern.

Man kann natürlich sagen, dass es ihnen dabei nicht um Freiheit im eigentlichen, im libertären Sinne geht. Bouillon (1997: 116-121) vertritt diese Position. Den steigerbaren Begriff von Freiheit, der den Besitz von Handlungsoptionen betont, fasst er sogar unter einem anderen Namen, nämlich als Macht. Dabei ist ihm sicherlich rechtzugeben, dass der Besitz von Handlungsoptionen Macht bedeutet. Wenn wir oben davon sprachen, dass ein Angestellter einer Firma keine Handlungsoption hat, die Firmenpolitik zu ändern, kann dies vielleicht wirklich eher als eine Situation der Ohnmacht, denn als Unfreiheit bezeichnet werden. Aber der Bouillionschen Definition der steigerbaren, positiven Freiheit als Macht muss doch entgegengehalten werden, dass auch positive Freiheit immer ein triadischer Begriff ist, dass man von etwas x frei ist, um etwas y zu tun. Es geht also nicht nur um Handlungsoptionen. Die Rede von Religionsfreiheit z.B. sagt nicht nur, dass Personen die Optionen haben, eine eigene religiöse Auffassung zu vertreten und zu praktizieren. Damit wird zugleich ja sogar insbesondere zum Ausdruck gebracht, dass keine Person oder Institution an dieser Handlung hindern darf (es sei denn, durch die religiöse Praxis werden Rechte anderer verletzt). Den Gedanken, ein klassischer Liberaler wie Mill hätte Freiheit mit Macht verwechselt, muss man so zurückweisen.

Konsequentialistische und deontologische Konzeptionen des Liberalismus(2) zeichnen nicht nur zwei unterschiedliche Freiheitsbegriffe aus. Der Libertarismus fusst dabei – als eine rigoristisch und konstruktivistische Moraltheorie – auf einem einzigen normativen Grundsatz, dem Freiheitsgrundsatz. (vgl. allg. zu diesem Grundsatz und dem libertären Argument den kritischen Aufsatz von Kagan 1994). Jeder Mensch hat den formalen Anspruch, dass seine Entscheidungssphäre respektiert und nicht von anderen verletzt wird. Aus diesem Freiheitsgrundsatz folgt dann konsequent, dass die Freiheit des einzelnen dort ihre Grenze hat, wo die Freiheit des anderen beginnt. Auch das Provisoargument, das der Aneignung von Eigentum moralische Grenzen setzt, muss in diesem Sinne interpretiert werden. Auch hier kann es, sollen nicht verdeckt konsequentialistische Überlegungen hineinkommen, nur darum gehen, dass durch Aneignung von Eigentum nicht Rechte anderer verletzt werden.(3) Diese sehr einfache Struktur und der Aufbau einer politischen Theorie aus einem einzigen normativen Grundsatz heraus trägt wesentlich zur Anziehungskraft des Libertarismus bei. Die aprioristische Begründung und der empirieferne moralische Rigorismus mögen aber viele von diesen Theorien zurückschrecken lassen. Ob die Option besteht, auf einen Apriorismus, sei es naturrechtlicher oder transzendentalpragmatischer Spielart, zu verzichten, sei jedoch dahingestellt. Radnitzky und Bouillion scheinen diesen Weg vorzuschlagen. Sie scheinen den einzelnen die Wahl des moralischen Freiheitsgrundsatzes überlassen zu wollen. Aber warum sollte der einzelne einen einzigen moralischen Wert wählen und nicht neben Freiheit auch andere Werte wie Gleichheit und Gerechtigkeit? Und warum sollte der einzelne bereit sein, das ganze Konstrukt einer auf dem Freiheitsgrundsatz aufbauenden libertären Welt zu befürworten? Der Ethikskeptizismus nimmt dem Libertarismus eher Anziehungskraft, als dass er ihn bereichert.

Ob diese Anziehungskraft aber begründet ist, sei dahingestellt. Dabei habe ich nicht nur hier nicht weiter auszuführende Zweifel bezüglich der jeweiligen Letztbegründungsversuche, sondern auch in bezug auf das libertäre Freiheitsverständnis. Eine Schwäche dieser Position zeigt sich insbesondere im Zusammenhang des hier erörterten Unterschieds zwischen privaten und real existierenden Staaten.

3. Freiheit und Glück

Dem libertären Freiheitsverständnis zufolge hat jeder Mensch eine Entscheidungssphäre, in die kein anderer eingreifen kann. Freiheit wird nicht erworben, erlernt oder errungen, man hat sie. Die Herrschaft über die eigene Person steht jedem Menschen als Menschen von Geburt an zu. Er hat damit die volle Selbstbestimmung über das eigene Leben, den eigenen Körper und daraus abgeleitet das eigene Eigentum. Libertäre Theorien gehen, wie in Abschnitt 2 ausgeführt, nicht auf die Frage ein, wie man Freiheit des Menschen verbessern und steigern könnte. Es geht ihnen um die Frage, wie die Freiheit des Menschen geschützt werden kann.

Wenn man von diesem Freiheitsverständnis ausgeht, wäre aber zu fragen, inwiefern eine durch Geburt und Herkunft definierte Staatsbürgerschaft überhaupt als eine Freiheitsverletzung verstanden werden kann. Diese Redeweise ist ja alles andere als selbstverständlich. Auch Libertäre bezeichnen nicht jede Beeinträchtigung der Entscheidungssphäre als Freiheitsverletzung. Eine Verletzung von Freiheit liegt nur dann vor, wenn die Einschränkung dieser Handlungsoptionen intentional herbeigeführt bzw. künstlich von Menschen erzeugt wurde. Wenn ich geradeaus laufen will, von anderen Menschen aber daran gehindert werde und sie mich wider meinen Willen auf eine andere Route zwingen, so kann dies als ein Eingriff in meine Freiheit bezeichnet werden. In ähnlicher Weise ist es Zwang, also Freiheitsverletzung, wenn ich durch die Bedrohung mit einer Pistole um eine Geldzahlung erpresst werde.

Wie sieht es aber mit Staatsbürgerschaft aus? Staatsbürger eines real existierenden Landes werde ich durch die kontingenten Umstände meiner Geburt und meiner Herkunft. Ich werde nicht wie Humes Seemann schanghait und in einen Staat hineingetragen, ich werde als Bürger eines Staates geboren. Von daher liegt es nahe, Staatsbürgerschaft mit anderen kontingenten Bedingungen des eigenen Lebens zu vergleichen: Wenn eine Person im Jahre 1800 geboren wurde, hätte sie bestimmte Handlungsoptionen nicht gehabt, die ich durch meine späte Geburt erhalten habe. Sie hätte nicht mit Flugzeugen fliegen können und wäre gezwungen gewesen, zu Fuss, zu Pferde oder mit der Kutsche zu reisen. Sie hätte keinen Computer benutzen können, sondern hätte mit dem Federkiel vorlieb nehmen müssen usw. Ob eine Person etwas tun kann oder nicht, wird weiterhin davon abhängen, ob sie in einem Entwicklungsland oder in einer Industrienation geboren wurde, ob die Eltern reich oder arm sind, auch ob sie auf dem Land oder in der Stadt leben. Allgemeiner gesprochen, der Entscheidungsspielraum jedes einzelnen wird dadurch mitbestimmt, wo und wann, als wessen Kind er geboren wurde. Diese kontingenten Bedingungen der eigenen Geburt stellen jedoch keinen Eingriff in die Freiheit der betroffenen Person dar, sie sind Fragen des Glücks.4  Analoges gilt für physische Merkmale wie die Hautfarbe, für das Geschlecht oder die genetischen Dispositionen. Wenn aber die biologischen Voraussetzungen und Bedingungen der Identität keine Freiheitsverletzungen darstellen, muss dies auch für deren kulturelle Bedingungen und Voraussetzungen gelten. Auch die von Kindheit an erlernten Konventionen, die mich prägende Ethnizität, insbesondere die in der Kindheit erlernte Sprache beeinflussen Umfang und Inhalt meiner Entscheidungssphäre. Es wäre jedoch absurd zu sagen, dass es eine Freiheitsverletzung darstellt, dass meine Muttersprache Deutsch ist. Genauso wie meine genetische Ausstattung und mein Geschlecht ist meine Sprachzugehörigkeit eine Frage des Glücks. Aber die Staatszugehörigkeit unterscheidet sich jedoch nicht prinzipiell von anderen kulturellen Bedingungen meiner Identität. Ob ich in diesem oder jenem Staat geboren bin, bestimmt zwar meine Entscheidungssphäre, aber sie verletzt sie nicht. Staatsbürgerschaft ist wie vieles andere eine Frage des Glückes. Eine Verletzung der Freiheit könnte allenfalls vorliegen, wenn eine Person daran gehindert wird, die durch Geburt erworbene Staatsangehörigkeit zu verlassen. Aber auch hier liegt keine prinzipielle Differenz zu anderen Faktoren vor. Denn es ist ja auch fraglich, ob man gehindert werden darf, eine neue Religion anzunehmen oder eine andere Sprache zu erlernen.

Vor diesem Hintergrund scheint die wertungsmässige Unterscheidung zwischen privaten und real existierenden Staaten wenig plausibel. Es scheint nicht nur eine reine Frage des Glücks, in welchen real existierenden Staat man als Bürger geboren wird, es ist auch eine Frage des Glücks, ob man in einem Land geboren wird, wo ein real existierender oder ein privater Staat besteht. Aber es ist fraglich, ob Libertäre diese Sicht wirklich akzeptieren können. Der Bezug zum Glück ist nämlich in anderer Hinsicht mit Schwierigkeiten verbunden. Bisher haben wir festgestellt, dass persönliche Eigenschaften wie allgemeine physische Beschaffenheit, Geschlecht, Intelligenz oder Sprache von Libertären gänzlich oder zu einem grossen Teil als eine Frage des Glücks betrachten werden müssten. Dasselbe gilt für die Frage, ob man das Kind reicher oder armer Eltern ist. Durch das Glück Benachteiligte können daher keine Ansprüche an die Gesellschaft erheben, sondern haben genau denselben Anspruch wie alle anderen, nämlich jenen, dass ihre wie auch immer beschaffene Entscheidungssphäre nicht verletzt wird. Es gibt also keine bevorzuge Behandlung von Behinderten oder sozial Benachteiligten. Soweit bewege ich mich wohl noch im Rahmen libertärer Theorien.

Aber an einer anderen Stelle erweist sich dieser Rahmen als brüchig. Wie bei den oben aufgeführten Faktoren könnte es auch eine Frage des Glücks ein, ob man als Kind freier Menschen oder als Sklave geboren ist. Libertäre müssten also davon reden, dass es geborene Sklaven gibt, und müssten einräumen, dass diese Menschen eben Pech gehabt hätten. Diese Möglichkeit ist jedoch mit zwei Nachteilen verbunden. Erstens wären Libertarismus und Sklaverei miteinander vereinbar, was sicher nicht für die libertäre Position spräche. Unsere Intuitionen könnten natürlich auf einem Irrtum und Vorurteilen beruhen, aber unsere Ablehnung der Sklaverei ist ein so tiefes und für unsere ganze Moral so grundlegendes Urteil, dass dies überraschen würde. Zweitens wäre es ein Eingeständnis, dass die unterschiedliche Beurteilung von privaten und real existierenden Staaten auf einem Irrtum beruhte. Staatsangehörigkeit wäre eine Frage des Glücks. Daraus folgt freilich, dass Libertäre neben der Sklaverei auch jegliche Diktatur und Tyrannei dulden müssten, in die Menschen hineingeboren werden. Libertäre haben an dieser Stelle zwei Möglichkeiten, diese unliebsamen Konsequenzen zu vermeiden:

(i) Libertäre könnten sagen, dass jeder Mensch bestimmte Entscheidungsoptionen unveräusserlich besitzt und nicht verlieren kann. Zu diesen unveräusserlichen Freiheiten gehören auf jeden Fall die Selbstbestimmung über das eigene Leben und den eigenen Körper. Jeder Mensch ist von Geburt an frei und kann diese Freiheit, d.h. sein Recht auf Selbstbestimmung über das eigene Leben und Eigentum, niemals verlieren. Sklaverei wäre demnach niemals legitim, und niemand könnte als Kind von Sklaven geboren werden. Analog könnte auch die zwangsweise Staatszugehörigkeit möglicherweise einen Verstoss oder eine Missachtung eines unveräusserlichen Rechtes darstellen.

(ii) Libertäre könnten sagen, dass Sklaverei auf früheren Verletzungen der Freiheit beruhte und deshalb illegitim wären. Damit würde – im Gegensatz zu (i) – die Möglichkeit eingeräumt, dass sich Personen freiwillig in die Sklaverei verkaufen können und einige Menschen das Pech haben könnten, als Sklaven geboren zu werden. Sklaverei, die auf früherem  Unrecht beruht, müsste jedoch abgelehnt werden. Analoges könnte für die Bürger real existierender Staaten gelten. Sie wären nachgeborene Opfer eines früheren Unrechts.

In den folgenden beiden Abschnitten werde ich die Möglichkeiten (i) und (ii) prüfen.

4. Libertarismus und unveräusserliche Rechte

Wenn es unveräusserliche Rechte gibt, was zunächst nicht in Frage gestellt werden soll, zählt das Selbstbestimmungsrecht über das eigene Leben und den eigenen Körper sicherlich zu den aussichtsreichsten Kandidaten. Kann das Recht, staatlichen Regelungen und staatlicher Autorität zuzustimmen, aber in dem selben Sinne ein unveräusserliches Recht sein? Staatsbürgerschaft verletzt das Selbstbestimmungsrecht über das eigene Leben und den eigenen Körper wohl nicht in dem Grade, wie es Sklaverei tut. Sicherlich ist das Leben in einem Staat dadurch gekennzeichnet, dass dem einzelnen bestimmte Handlungen aufgezwungen werden und andere durch Zwang verboten werden. Aber ähnliches gilt auch für Sprache, Religion und Konventionen. Der Staat ist nicht die einzige Zwangsmacht und nicht der einzige Erzieher unseres Lebens. Selbst wenn es um die Strenge und den Einfluss auf unser Leben geht, ist die Religion ein vergleichbarer Machtfaktor in unserem Leben. Und genauso wie im Staat hängt auch meine Religion in weitem Grade davon ab, wann und wo ich geboren wurde. Ich kann einer Religion zwar entkommen, kann aus einer Kirche austreten – aber diese Kosten waren historisch nicht immer geringer als die persönlichen Kosten einer Auswanderung oder einer Entlassung aus der Staatsbürgerschaft. Möglicherweise hat jeder Mensch ein Freiheitsrecht, dass er seine Staatsangehörigkeit wechseln kann. Aber er hat kein Anspruchsrecht, nicht als Staatsbürger geboren zu werden. Wenn der Libertäre die erste Möglichkeit wählt, hat er somit keine Lösung für unser anfängliches Problem. Die unterschiedliche Bewertung privater und real existierender Staaten ist nicht aufrechtzuerhalten.

Kann der Libertäre auf diesem Weg aber zumindest den Makel abwenden, die Sklaverei tolerieren zu müssen? Auch dies wird er nicht unbeschwerten Herzens tun können. Betrachten wir das Argument von den unveräusserlichen Rechten nämlich genauer: Die These, dass das Selbstbestimmungsrecht über das eigene Leben und den eigenen Körper unveräusserlich ist, hat eine gewisse Anfangsplausibilität. Wir sind es gewohnt, hier von einem unveräusserlichen Recht zu sprechen. Aber die Begründung dieser These ist keineswegs einfach. Der Blick in die Klassiker der politischen Theorie zeigt zudem, dass diese These nur unter Beanspruchung von anderen Annahmen möglich ist, die nur die wenigsten unterschreiben würden. Als Urheber der Lehre von den unveräusserlichen Rechten gilt im allgemeinen John Locke. Man muss hier, wie der amerikanische Locke-Experte John A. Simmons (1993: 115f) anmahnt, jedoch vorsichtig sein. Locke spricht sehr wohl davon, man könne das Recht auf das eigene Leben nicht veräussern. Daraus folgt bekanntlich das Widerstandsrecht ebenso wie die These, man könne sich nicht freiwillig in die Sklaverei verkaufen. Aber entscheidend ist hier, wieso man dieses Recht nach Locke nicht veräussern kann. Die Entscheidung über Leben und Tod liegt nach Locke nämlich nicht in der Bestimmungsgewalt des Menschen. Das eigene Leben gehört nicht dem einzelnen Menschen, sondern Gott (und damit ist dem Menschen Suizid z.B. untersagt). Bestimmte Rechte des Menschen sind also deshalb unveräusserlich, weil sie dem Menschen niemals zukämen. Diese Sicht wird von heutigen Libertären wohl kaum geteilt. Wenn sie von unveräusserlichen Rechten reden wollten, müssten sie davon reden, dass es Rechte gibt, die jeder Mensch besitzt, die er aber nicht aufgeben kann. Ohne eine transzendente Macht wie Gott oder eine Pflicht gegenüber der Gattung Mensch, der der einzelne Mensch nachkommen muss, ist diese Rede aber nicht einsichtig.

Libertäre würden dieser Kritik vielleicht zustimmen. Genauso wie sie einräumen würden, dass man das eigene Eigentum verschenkt oder Organe des eigenen Körpers verkaufen kann, könnten sie davon sprechen, dass auch das Selbstbestimmungsrecht über das eigene Leben an eine andere Person abgetreten werden kann. Libertäre würden also vielleicht einräumen, dass sich ein Mensch in die Sklaverei verkaufen darf. Der Libertäre hat dann weiter die Möglichkeit (i). Das Recht auf Selbstbestimmung müsste er nur in einem schwächeren Sinne konzipieren, so dass ausschliesslich die Geburt als Sklave ausgeschlossen wird. Libertäre müssten nur vertreten, dass jedem neugeborenen Menschen als Menschen ein Recht auf Selbstbestimmung zukommt. Was der einzelne aus seinem Leben macht, ob er ein freier Mensch bleiben will oder ein Sklave wird, ja, ob er überhaupt weiterleben will oder nicht, ist dann alles eine Frage der eigenen Entscheidung. Wenn der Libertäre diese Position vertreten will, steht er jedoch vor einem Problem. Es geht hier nicht mehr allein um den Schutz einer wie auch immer gegebenen Entscheidungssphäre, sondern darum, dass jeder Mensch als Mensch das Recht hat, bestimmte (wichtige) Entscheidungen über das eigene Leben selbst zu treffen. Das heisst jedoch, dass der Libertäre von einer Zwang abwehrenden, negativen Freiheitskonzeption zu einer anderen Freiheitskonzeption übergehen muss, in der wichtige Handlungsoptionen geschützt werden. Wenn der Libertäre dies einräumen würde, drängte sich sofort die Frage auf, welche wichtige Handlungsoptionen dem Menschen als Menschen denn zukommen müssten. Das heisst, mit der Einräumung eines unveräusserlichen Rechts betritt der strikte Libertäre eine schlüpfrige Bahn, die zu einem positiven Freiheitsbegriff führt und zu Anspruchsrechten des einzelnen gegenüber der Gesellschaft. Dieser schlüpfrigen Bahn wollen und müssen Libertäre aber aus dem Wege gehen. Ein Libertarismus wird so auf die Konzeption unveräusserlicher Rechte verzichten bzw., er kann sie allenfalls in dem Sinne ihres Erzvaters John Locke auffassen, dass jene Rechte unveräusserlich sind, die ein anderer besitzt. Für den Libertären, der Libertärer bleiben möchte, bleibt also nur die Möglichkeit (ii).

5. Die Illegitimität real existierender Staaten

Die Ablehnung real existierender und Tolerierung privater Staaten könnte darauf zurückzuführen sein, dass kein real existierender Staat auf die Zustimmung der Bürger zurückgeht. Demnach könnte sich jeder freiwillig einem Staat unterordnen, wie man sich freiwillig in die Sklaverei verkaufen darf. Genau dies geschähe bei privaten Staaten. Denn der Vertragsabschluss mit einem privaten Staat ist letztlich eine schwache Variante, sich selbst zu verkaufen. Das bedeutete jedoch für die Nachkommen dieser Firmengründer, dass ihre Existenz in diesem oder jenem privaten Staat genauso auf Glück beruhte wie ihre genetische Ausstattung, ihr sozialer Status oder ihr kulturelles Erbe. Alle Staaten, die nicht auf Zustimmung, sondern auf Usurpation und Eroberung zurückgehen, wären dagegen illegitim. Genau dies trifft aber, so der libertäre Vorwurf, auf real existierende Staaten zu. Der libertäre Vorwurf wäre also nicht, dass Staatszugehörigkeit per se illegitim sei, sondern nur, dass die Bürgerschaft in den derzeit real existierenden Staaten illegitim sei, weil diese historisch auf illegitime Unterwerfungen zurückgehen. Gegen diese These, in der Wandel und Geschichte nun auch in die libertären Theorien Einzug hält, sind jedoch einige Einwände möglich:

Ich werde zunächst die Konsequenzen für die Sklaverei betrachten, dann jene für die Staatsbürgerschaft. Diese Möglichkeit (ii) verfolgende Position scheint den Vorteil zu haben, dass Libertäre die historische Sklaverei verurteilen können und somit unseren Intuitionen näher kommen. Die historische Sklavenhaltung beruhte tatsächlich nicht auf freiwilligen Verträgen, mit denen sich Personen an andere verkauften. Die Sklaven waren Opfer von Entführungen und der Kriegsgefangenschaft. Was wäre aber, wenn sich der eine oder andere Sklave doch freiwillig in die Sklaverei verkaufte? Hiesse dies nicht, dass es unter den Millionen von historischen Sklaven einige geben müsste, die rechtmässig Sklaven waren und deren Kinder rechtmässig als Sklaven geboren wurden? Diese Position, die ein historisches Unrecht betont, hat also schwerwiegende Konsequenzen für die Rechtssicherheit. Denn wie soll im Einzelfall ermittelt werden, wie die ursprüngliche Versklavung erfolgte? Auch bei einer allgemeinen Sklavenbefreiung ergäbe sich ein Problem. Denn es bestünde stets die Gefahr, dass ein legitimes Eigentumsrecht einiger Sklavenhalter verletzt werden könnte. Nähme man Eigentumsrechte ernst – und dies tun Libertäre ohne Zweifel – , bedürfte es wohl jahrzehntelanger Einzelfallabklärungen, bevor auch nur ein Sklave befreit werden könnte. Wären die Vereinigten Staaten 1865 ein libertäres Land gewesen, dauerte die Sklavenbefreiung wohl noch an.

Eine vergleichbare Rechtsunsicherheit ergäbe sich für bei der Beurteilung real existierender Staaten. Vielleicht gehen einige Staaten ja auf eine rechtmässige Staatsgründung zurück und wären damit natürliche Monopole. Sicherlich ist diese Annahme unplausibel. Aber wer sagt, dass dies nicht doch auf den einen oder anderen Staat zutreffen könnte? Vielleicht wurden sie ja einst in abgelegenen Bergtälern durch freiwillige Zustimmung ins Leben gerufen und sind durch Glück aller Usurpation und Eroberung durch fremde Armeen und Usurpatoren entgangen. Libertäre könnten vielleicht sagen, dass dies in so hohem Masse unwahrscheinlich sei, dass man diesen Fall ignorieren müsste. Aber selbst wenn man dies zugesteht, befriedigt diese Position nicht.

Denn es stellt sich doch die Frage, wieso die Umstände einer ursprünglichen Staatsgründung für Heutige überhaupt relevant sein sollen. Wieso sollte sich Illegitimität von Generation zu Generation vererben? Nehmen wir wiederum Humes Seemann-Beispiel zum Ausgang. Sicherlich ist dem schanghaiten Seemann Unrecht zugefügt worden. Er wurde schlafend auf das Schiff getragen und hatte keine Möglichkeit, es zu verlassen. Wie sähe es aber aus, wenn nicht nur der Seemann auf dem Schiff bliebe, sondern auch seine Kinder und Kindeskinder auf dem selben Schiff arbeiten und leben würden? Ich bezweifle, dass man so einfach sagen kann, sie seien unfreiwillig und wider ihren Willen auf dem Schiff. Dies wird noch offensichtlicher, wenn man das Beispiel aus unserer Welt in eine andere überträgt, in der die Erde gänzlich von Meeren bedeckt ist und auf der grosse menschliche Gemeinschaften auf gewaltigen Schiffen leben. Gehen wir auch hier davon aus, dass ein Seemann einst schlafend auf eines dieser Schiffe getragen wurde; sagen wir weiter, dass er dort – wider Willen – sein weiteres Leben verbrachte, eine Familie gründete und Kinder bekam. Seine Kinder hat keine Unrechtshandlung auf das Schiff gebracht. Sie wurden dort geboren, weil ihre Eltern auf diesem Schiff lebten, und sie haben nie etwas anderes gesehen als dieses Schiff. Je mehr Generationen die erste Schanghaiung zurückliegt, desto stärker werden sich die Kinder mit dem Schicksal des Schiffes identifizieren, desto mehr werden sie sich dessen Ziele zu eigen machen und desto mehr werden sie selbst nach verantwortungsvollen Führungspositionen streben und sich als gleichberechtige Mitglieder der Crew begreifen. Je weiter aber man in der Generationenfolge voranschreitet, desto unplausibler erscheint die Betonung des einstigen Unrechts. Könnte man wirklich sagen, dass ein Kapitän eines Schiffes unrechtmässig und gezwungen auf einem solchen Schiff fährt, nur weil ein Urahn dereinst schanghait wurde und schlafend auf das Schiff getragen wurde?

Man mag vielleicht einwenden, auf diesem Weg könnte man auch das Schicksal der Sklaven rechtfertigen. Aber dies stimmt nicht. Denn es besteht ein wichtiger Unterschied: Sklaven werden wichtige und elementare Entscheidungsmöglichkeiten vorenthalten. Sie können nicht wählen, wann und wen sie heiraten; sie haben keine Möglichkeit, die Ausbildung und das Schicksal der eigenen Kinder zu lenken; sie können das eigene Tätigkeitsfeld nicht selbst bestimmen, müssen gewahr sein, dass sie in jedem Moment ihres Lebens durch eine Laune ihres Herrn aus ihrem Wohnort, ihrer Familie, ja aus ihrem Leben selbst fortgerissen werden. Egal wie lange ein Familienverband in der Sklaverei lebte, jede Generation muss jeweils von Neuem grausam spüren, was es heisst, ein Sklave sein. Sklaverei nimmt dem einzelnen jene wichtigen Entscheidungsoptionen, ohne die kein menschliches Leben auf Dauer gelingen kann. Dies ist aber weder bei den obigen Seemannsfamilien, noch bei den Bürgern eines real existierenden Staates der Fall. Ja, die Existenz in der Gemeinschaft einer Schiffscrew oder mit anderen Bürgern des Staates ist für das Treffen und Verwirklichen dieser wichtigen Entscheidungen im Gegenteil sogar hilfreich!

So verstösst Sklaverei gegen elementare Rechte des Menschen. Im Falle der Staatsbürgerschaft kann nur dann von Unrecht gesprochen werden, wenn Menschen durch Gesetz und Zwangsmittel daran gehindert werden, den Staat zu verlassen, um eine andere Staatsbürgerschaft anzunehmen. Auch in unserem Beispiel der Schiffscrew könnte man sagen, dass jeder das Recht hat, vom Schiff abzuheuern. Aber dieses – eher dem Recht auf freie Berufswahl analoge Recht – berührt weniger wichtige und bedeutsame Handlungsalternativen als die Sklaverei. So kann man wohl darüber streiten, ob und wie ein Freiheitsrecht auf Staatsbürgerschaft und freie Berufswahl formuliert werden soll, aber nicht darüber, ob es ein Recht geben sollte, kein Sklave zu sein.

Der eigentliche Unterschied zwischen Sklaverei und Staatsbürgerschaft wird also nur dann augenfällig, wenn man den Blick von der negativen Freiheit hinaus auf eine (recht verstandene) positive Freiheit wendet. Die blosse Beschränkung auf einen libertären, negativen Freiheitsbegriff verschleiert diesen Unterschied nur. Denn dann müssten einige geborene Sklaven Sklaven bleiben und sie hätten eben das Pech, dass ihre Entscheidungssphäre derart begrenzt ist, dass weder die Entscheidungen über Wohnort, Tätigkeit, Familiengründung, Erziehung der Kinder und eigenen Tod enthalten sind. Und alle Bürger eines real existierenden Staates müssten sich in ihrer Freiheit verletzt fühlen, nur weil in historischen Zeiten das Missgeschick geschah, dass ihre Vorfahren statt einen privaten Staat zu schaffen, die Eroberung und Usurpation durch andere duldeten. Wäre damals allerdings ein privater Staat gegründet worden, hätte dies für das Leben der Heutigen wohl keine weitere Bedeutung. Deren Leben wäre wohl nicht besser, aber auch nicht schlechter als das jetzige.

Zusammenfassung

Der Artikel nimmt seinen Ausgangspunkt bei einer auf den ersten Blick verblüffenden wertungsmässigen Unterscheidung, die Libertäre zwischen den real existierenden Staaten einerseits und privaten Firmen andererseits vornehmen, die als natürliches Monopol die derzeitigen Staatsaufgaben betreiben. Werden real existierende Staaten abgelehnt, würden Libertäre einen solchen "privaten Staat" tolerieren. Diese Unterscheidung fusst zunächst auf einem rein synchronen Ausgangspunkt, der Geschichte ignoriert und eine Generationenfolge wie bei Schmetterlingen und Seidenraupen voraussetzt. Wenn man von Menschen ausgeht, die – wie bei Menschen nicht anders möglich – in einen historisch gewachsenen Staat hineingeboren werden, so müsste der Libertäre Staatsangehörigkeit wie andere kontingente Faktoren der Geburt als eine Frage des Glücks verstehen. Um diese Sicht zu verhindern, die auch deshalb problematisch ist, weil auch in Sklaverei Geborene Sklaven bleiben müssten, hat der Libertäre zwei Möglichkeiten. Die Wahl der Staatsbürgerschaft kann zu den unveräusserlichen Rechten gehören, die jedem Menschen von Geburt an zukommen. Oder aber die Staatsbürgerschaft in real existierenden Staaten gälte deswegen als illegitim, weil diese Staaten nicht durch Übereinkunft, sondern durch Usurpation entstanden. Die erste Möglichkeit habe ich u.a. deswegen abgelehnt, weil ein Abwehrrecht gegen Staatsbürgerschaft nicht plausibel ist. Zudem habe ich darauf verwiesen, dass die Rede von unveräusserlichen Rechten die libertäre Position insofern aufweicht, weil sie neben negativer Freiheit auch positive Freiheiten einbezieht. Die zweite Möglichkeit habe ich zurückgewiesen, weil ein lange zurückliegendes, anderen Generationen zugefügtes Unrecht keineswegs den Unrechtscharakter heutiger Staaten begründet. Von einer bewertungsmässigen Ungleichbehandlung privater Staaten und real existierender Staaten ausgehend, habe ich so nachgewiesen, dass der Libertarismus entweder praktisch unplausible Folgen hat, er fragwürdige Schlüsse aus historischen Begebenheiten zieht oder er nicht in der Lage ist, die Beschränkung auf einen negativen Freiheitsbegriff aufrechtzuerhalten. Ein strikter Libertarismus scheint kaum in der Lage, diese Theoriedefizite abzubauen.

Literatur:

Barry, Norman (1986), On Classical Liberalism and Libertarianism, Houndsmills & London: Macmillan

Bouillion, Hardy (1997), Freiheit, Liberalismus und Wohlfahrtsstaat. Eine analytische Untersuchung zur individuellen Freiheit im Klassischen Liberalismus und im Wohlfahrtsstaat, Baden Baden: Nomos.

Card, Claudia (1996), The Unnatural Lottery, Character and Moral Luck. Philadelphia: Temple Press.

Hume, David (1772, 1988) On the Original Contract, in: Essays and Treatises on Several Subjects, dtsch.: Über den ursprünglichen Vertrag, in ders. Politische und ökonomische Essays, übers.v. Susanne Fischer, Hamburg: Meiner, 1988, Teilband 2

Jasay, Anthony de (1991,1995), Choice, Contract, Consense: A Restatement of Liberalism. dtsch: Liberalismus neugefasst – fur eine entpolitisierte Gesellschaft, übers. v. Monika Streissler, Berlin: Propyläen 1995

Kagan, Shelly (1994), The Argument from Liberty, in: Jules L. Coleman & Allan Buchanan, eds., In Harm’s Way, Essays in Honor of Joel Feinberg, Cambridge: Cambridge UP, 16-41

Kavka, Gregory S. (1991), An Internal Critique of Nozick’s Entitlement Theory, in: J.Angelo Corlett, eds., Equality and Liberty, Analyzing Rawls and Nozick, Houndmills and London: Macmillan, 298-310

Kymlicka, Will (1990, 1996), Contemporary Political Philosophy, An Introduction, Oxford: Oxford UP 1990; dtsch: Politische Philosophie heute. Eine Einführung, Frankfurt: Campus 1996, 98ff.

Nozick, Robert (1974), Anarchy, State, and Utopia, New York: Basic Books

Simmons, John A. (1993), On the Edge of Anarchy. Locke, Consent, and the Limits of Society, Princeton: Princeton UP

Taylor, Charles (1969), What’s Wrong with Negative Liberty, in: Alan Ryan, ed., The Idea of Liberty, Oxford: Oxford UP, 175-193; dtsch. in: Negative Freiheit? Zur Kritik des neuzeitlichen Individualismus, Frankfurt. Suhrkamp 1992, S. 118-144.

 Anmerkungen:

(1) Komplizierter wird der der Fall, wenn die abschreckende Wirkung eines Heeres einbezogen wird. Denn von deren Schutz kann man Personen sehr schlecht ausschliessen.

(2) Ihnen zur Seite stehen als Drittes noch die liberalen Prozesstheorien, die sowohl eine normative Bewertung von Endzuständen wie deontologische Prinzipien ablehnen. James Buchanan oder der späte John Rawls gehören diesem Theorietyp an, der teilweise auch als politischer Liberalismus bezeichnet wird. Vgl. zu einer Systematisierung der liberalen Theorietradition: N.Barry (1986)

(3) Vgl hierzu auch Nozick (1974), sowie kritisch hierzu Kavka (1991). De Jasay (1991, 1995: 95ff) will sich deshalb allein auf den Prioritätsgrundsatz ("Wer zuerst kommt, mahlt zuerst") beschränken. Dieser Grundsatz regulierte die Aneignung von Eigentum dann, wenn keine Rechtsansprüche anderer vorliegen. Dieser Schritt ist konsequent, aber nicht zwingend geboten.



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