David-Hume-Preis Preisträger 2006: Prof. Dr. Gerhard Streminger Der Philosoph und Autor Gerhard Streminger ist mit dem "David-Hume-Preis" der Kellmann-Stiftung Humanismus und Aufklärung ausgezeichnet worden. Der Preis ist mit 4.000,00 Euro dotiert.
München, 15.03.2006
Der Preisträger: Gerhard Streminger PERSON Gerhard Streminger wurde am 26. März 1952 in Graz, Österreich, geboren. Es besuchte dort die Volksschule und das Bundesrealgymnasium Oeversee. Von 1970 bis 1978 studierte er an den Universitäten in Graz und Göttingen die Fächer Philosophie und Mathematik. 1978 promovierte er in Graz zum Doktor der Philosophie sub auspiciis praesidentis rei publicae. 1978/9 setzte Streminger seine Studien in Edinburgh und bei John L. Mackie in Oxford fort. 1981 unterrichtete er als Visiting Professor am Philosophischen Institut der University of Minnesota in Minneapolis, U.S.A. 1984 habilitierte er sich für das Fach Philosophie mit einer Arbeit über David Hume. Das Studienjahr 1991/2 verbrachte er als Humboldt-Stipendiat an der Universität Bochum. Streminger war – zunächst als Studienassistent bei Ernst Topitsch – von 1975 bis 1997 an der Universität in Graz beschäftigt. 1988 wurde er dort zum Assistenzprofessor und 1995 zum außerordentlichen Universitätsprofessor ernannt.
WERK Den ersten Schwerpunkt Stremingers bilden Arbeiten zur schottischen Aufklärung, insbesondere zu David Hume und Adam Smith. Sein Hauptwerk auf diesem Gebiet, die Biographie zu David Hume im Schöningh-Verlag, verbindet die Darstellung des Lebens des großen schottischen Aufklärers mit der (durchaus gelegentlich auch kritischen) Würdigung von dessen philosophischen und historischen Schriften. In klarer, bilderreicher Sprache werden die philosophischen Grundpositionen Humes entwickelt, denen Geistesgrößen von Immanuel Kant bis Albert Einstein verpflichtet waren. Diese erste umfassende deutschsprachige Biographie zu Hume fand ein großes Echo. Roger Köppel etwa, der nunmehrige Chefredakteur von Die Welt, urteilte am 17.02.1995 im Tagesanzeiger Zürich: "Die Geburt der philosophischen Skepsis aus dem Fanatismus der andern – diesen Strang im Denken des für den angelsächsischen Pragmatismus entscheidenden Schriftstellers, hat der Grazer Hume-Experte Gerhard Streminger umfassend aufgearbeitet. Seine hervorragende Biographie, ein Standardwerk, verdichtet die Lebensdaten und Texte Humes zum Reliefbild einer Aufklärung, die, zu Hause verschmäht, auf ganz Europa ausstrahlte." Ein zweiter Schwerpunkt in den Arbeiten Stremingers ist die Erkenntniskritik. Besonders deutlich wird dieses Interesse in seinem Kommentar zu David Hume – Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand. Ein einführender Kommentar. Diese Schrift Humes gilt in den angelsächsischen Ländern – und zunehmend auch in den deutschsprachigen – als d e r klassische Einführungstext in die Philosophie. In einer Leserrezension findet sich das folgende treffende Resümee: "Über die Einführung in Humes ‚Untersuchung’ hinaus führt Stremingers Buch auch indirekt in empiristische Erkenntnistheorie generell ein. Kurz: lehrreich, hilfreich, gut strukturiert, kompetent und guten Gewissens empfehlenswert." Streminger selbst urteilte im übrigen über Humes "Untersuchung": "Vor allem ist die Lektüre ein intellektueller und ästhetischer Genuß. Mit untrüglichem Blick für das Wesentliche gelingt es Hume leichtfüßig, mit wenigen Gedankenschritten fundamentale Probleme am scheinbar Selbstverständlichsten aufzuzeigen." Nun, das lässt sich mit Fug und Recht auch vom Autor dieses Kommentars behaupten, eine Lesehilfe, die heute an den Universitäten zum Standardwerk geworden ist. Mit einem dritten Schwerpunkt seines Interesses befaßt sich Stremingers zweites Hauptwerk: Gottes Güte und die Übel der Welt. Das Theodizeeproblem; auch dieses Buch fand breites Echo – ein Für und Wider je nach Interessenlage der Rezensenten. Stellvertretend für viele soll eine kurze Besprechung zitiert werden, die auf der Website von >Das katholische Deutschland< zu finden war: "In diesem Buch geht Streminger eines der wirklich packenden Probleme des monotheistischen Glaubens an: das Theodizeeproblem. Er stellt das Problem dar, die verwendeten Begriffe und analysiert dann sämtliche Einwände pro und contra in einer gründlichen Tiefe. Fazit des Buches: Das Theodizeeproblem ist nicht nur ungelöst, es ist außerdem auch noch unlösbar. Diese Behauptung wird brillant begründet, vor allem durch Rückgriff auf die Religionskritik von Schopenhauer und David Hume. Was die Arbeit von Streminger auszeichnet, sind vor allem die Breite und die Tiefe der Argumentation. Jedes Argument wird genauestens analysiert und Punkt für Punkt widerlegt, und zwar auf allen Ebenen. … Das Buch ist auch noch interessant und spannend zu lesen, und selbst wer nicht allen Argumenten folgen kann, der wird eine Fülle von Anregungen und Ideen und Denkanstößen finden. … Alles in allem ist dieses Buch eine sehr gute Auseinandersetzung mit dem Thema aus skeptischer Sicht, und jeder Theologe sollte es gelesen haben, um zu wissen, welche ungelösten Probleme seiner harren. Für Atheisten zeigt es, wie man mit rationaler Argumentation selbst mit theistischen Argumenten umgehen kann, die unwiderlegbar scheinen. Daher gibt es auch ein faszinierendes Kapitel zur Auseinandersetzung zwischen Vernunft und Glauben. Die Konsequenzen aus dem Werk sind verheerend, denn es kann keinen gütigen Gott geben (und zwar selbst dann, wenn Gott als nicht allmächtig gedacht wird). Die Argumentation trifft sowohl das Christentum als auch den Islam." Der vierte Schwerpunkt des Interesses von Streminger ist der Zusammenhang von moralischen und ökonomischen Fragen. Dies wird insbesondere diskutiert in den Schriften Adam Smith und Der natürliche Lauf der Dinge. Reinhard Kager von den Salzburger Nachrichten würdigt Stremingers Smith-Biografie in der Rubrik "Buch der Woche" so: "Die Ökonomie von Adam Smith war darüber hinaus die erste systematische Analyse der durch die bürgerliche ‚industrial revolution’ verursachten Veränderung der westlichen Produktionsbedingungen. ‚Daß Großbritannien im 19. Jahrhundert zur Schmiede, zum Schiffsbauer und Spediteur der Welt und zur Weltbank wurde, hat viele Ursachen; eine entscheidende ist Adam Smiths >Wohlstand der Nationen<.’ Der Grazer Philosoph Gerhard Streminger, der in seiner kürzlich erschienenen Monographie über den schottischen Aufklärer dieses Fazit zieht, ist aber weit davon entfernt, das Werk von Smith bloß auf das Ökonomische zu reduzieren. Eindrucksvoll macht die ungemein detailreich und liebevoll ausgearbeitete Studie deutlich, daß es moraphilosophische Prinzipien sind, die – ohne stets explizit genannt zu werden – im Hintergrund der ökonomischen Theorie von Smith walten." Diesen Zusammenhängen geht Streminger in diversen Essays in Der natürliche Lauf der Dinge nach. Peter Rosner schreibt dazu in "Wirtschaft und Gesellschaft": "Der vorliegende Band des Grazer Philosophen Gerhard Streminger behandelt zentrale Aspekte der Gesellschaftstheorien von David Hume und Adam Smith, die wohl die bekanntesten Autoren der schottischen Aufklärung waren. … Die drei wichtigsten Aufsätze daraus sind David Humes Entwurf einer natürlichen Ethik, Adam Smiths Sprachphilosophie und Die unsichtbare Hand des Marktes und die sichtbare Hand des Staates. Zur Sozialphilosophie Adam Smiths. … Die Arbeiten geben eine gute Darstellung des jeweils behandelten Themas. Sie sind gut dokumentiert und bieten daher eine gute Einführung in die jeweiligen Probleme. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil die Gesellschaftstheorie beider Autoren auf viele Werke verteilt ist und daher auch bei genauem Lesen der Hauptwerke nicht einfach erschlossen werden kann." Diese verschiedenen – ziemlich willkürlich herausgegriffenen – Urteile aus diversen Besprechungen zeigen wohl mit aller Deutlichkeit, dass Streminger ein würdiger Träger des im deutschen Sprachraum erstmals verliehenen David Hume Preises ist.
Bibliographie Streminger:
Informationen zum Preisträger: http://www.streminger.com |
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